„Mama? Wie lange wird es noch regnen?“
„Wenn wir Pech haben, das ganze Jahr.“
Und diese etwas übertrieben wirkende Antwort meine ich sogar halbwegs ernst. Wenn uns der Himmel mal wieder mit nicht enden wollenden Niederschlägen versorgt und unser Grundstück in eine große Matschkuhle verwandelt, die seit der Schneeschmelze noch gar keine Chance hatte, an- geschweige denn durchzutrocknen, dann frage ich mich, ob wir uns in der Wahl unseres Wohnortes nicht doch vertan haben.
Denn, ganz ehrlich, weder sibirische Winter noch tropische Sommer können wir hier erwarten. Die wirklich allermeiste Zeit des Jahres ist der Himmel wolkenverhangen und der Boden feucht. Wenn mein Kind mich also auf meine Antwort hin entsetzt ansieht, dann entkräfte ich meine Aussage etwas kraftlos mit: „Naja, das ist eben Norddeutschland. Hier regnet es viel.“
Und dann fühle ich mich sofort undankbar, denn zur Ehrlichkeit gehört auch, dass wir in einer meteorologisch äußerst begünstigten Gegend wohnen, die von Naturkatastrophen wie Dürre und bedrohlichen Überschwemmungen verschont bleibt. Wenn wirklich zwei bis dreimal im Jahr unser Flüsschen über die Ufer steigt, dann schafft es uns im Winter mit Glück sogar eine unverhoffte Eislaufbahn direkt vor der Haustür. Und wenn im Sommer tatsächlich einmal das Regenfass leer ist, dann holen wir Wasser aus der Leitung, um unsere Beete und Bäume zu wässern.
Dass es Orte gibt, an denen es weit größere Probleme als wochenlanges Regenwetter gibt, bringt uns zurzeit die reisefreudige Tante nahe. Sie hat sich nämlich Trockenshampoo besorgt. „In Kapstadt“, so erkläre ich den Kindern, „darf die Tante nicht duschen oder baden, außer im Meer. Denn das Leitungswasser ist dort sehr knapp.“ Den Unterschied zwischen Regenwasser, Meerwasser und Trinkwasser zu verstehen, ist im Kleinkindalter nicht ganz leicht. Aber dass Leitungswasser kostbar ist und nicht verschwendet werden sollte, haben sie schon öfter von mir gehört. Wenn doch einmal einer von ihnen beim Puppenwaschen oder Zähneputzen das Wasser ungenutzt laufen lässt, dann macht der andere mit dem Vorwurf „Kein Wasser verschwenden“ den Hahn zu und erfüllt mich mit Stolz und der Gewissheit, meinen Kindern etwas fürs Leben beigebracht zu haben.
Wenn die Tante aus Afrika zurückkommt, kann sie den Kindern genauer beschreiben, wie es ist, wenn das Wasser nur begrenzt zur Verfügung steht. Bislang aber bekommen die Kinder durch die täglichen Fotowhatsapps schon einen guten Eindruck davon, wie anders dieser Kontinent aussieht. Begeistert schauen sie sich die wilden Tiere in der Steppe an: Nashorn, Giraffe, Elefantenherde -selbst der etwas gruselig wirkende Büffel und das Krokodil schrecken meine Kinder nicht von ihrem Plan, auch bald eine Safari zu machen, ab.
Trotz Wassermangels: Afrika muss ganz toll sein, finden meine Kinder. Auch wenn Junior mir partout nicht glauben will, dass es dort keine Tiger gibt. Und während vor unserem Fenster rieselnder Schneematsch die durchweichten Äcker bedeckt, wartet er sehnsuchtsvoll auf ein Whatsappfoto von der Tante mit einem Tiger.
Kurzrezension
Seit Wochen hat es nicht geregnet. Noch genießen die Tiere rund um den kleinen Dachs das Sommerwetter. Die Kaninchen planschen im Pool, der Igel gießt seine Sonnenblumen. Da kommt eines Tages die Maus mit einer Schreckensnachricht: Der Fluss hat fast kein Wasser mehr. Die Tiere können das kaum glauben und eilen zum Fluss.
Tatsächlich, nur noch ein kleines Rinnsal ist zu sehen. Planschbecken, Sonnenblumen und Wäsche sind nun egal, jetzt geht es darum, genügend Trinkwasser zu sammeln. Während Dachs, Maus, Kaninchen und Igel mit allen aufzutreibenden Gefäßen das Wasser abfangen und in einem großen Bottich sammeln, fliegt der Vogel los, um nach anderen Wasserstellen zu suchen.
Er kommt mit einer weiteren schlechten Nachricht zurück: Auch der Teich hat kein Wasser mehr und die Frösche sind in größter Not. Die Tiere überlegen nicht lange, sie füllen einen Teil ihres gesammelten Wassers in eine Schubkarre und schieben zum Teich, um die Frösche zu retten. Doch was dann? Lange wird ihr Wasservorrat nicht reichen.
Mutig machen sie sich im ausgetrockneten Flussbett auf den Weg zur Quelle. Unterwegs schwindet schon ein wenig die Hoffnung, doch der Dachs ermuntert seine Freunde, weiterzusuchen. Und tatsächlich, es gibt noch Wasser. Ein kühler und klarer Bergsee befreit die Tiere von ihren Ängsten. Ein dicker Stein verhindert, dass das Wasser von hier den Fluss herabfließen kann. Doch mit vereinten Kräften gelingt es den Tieren, die Blockade zu lösen und das Wasser strömt wieder ins Tal.
Trotzdem: Die Wasserknappheit hat die Tiere zum Nachdenken gebracht. Als es wenige Tage später regnet, freuen sie sich mächtig. Der kleine Dachs hat inzwischen eine Regenfangvorrichtung gebaut, mit der die Tiere Wasserspeicher für trockene Zeiten anlegen können. Und er mahnt zum sorgsamen Umgang damit. Die Kaninchen, die statt im Planschbecken nun direkt im Fluss baden, und auch die anderen Tiere haben verstanden und loben ihren Freund Dachs für seine kluge Weitsicht.
Ein überraschender Bilderbuchschatz wurde uns mit „Der kleine Dachs rettet die Frösche“ überlassen. Hier stimmt einfach alles: Wunderschön und kindgerecht gezeichnete Tiere und Landschaften in kräftigen Farben, niedliche Charaktere, kreative Ideen und eine ohne erhobenen Zeigefinger daherkommende Moral. Prioritäten setzen, teilen, die Hoffnung nicht verlieren, hilfsbereit und einfallsreich sein – all das können die großen wie kleinen Leser vom Dachs und seinen Freunden lernen. Als interaktives Element ist die stets einsatzbereite fühlbare Werkzeugtasche ein Highlight für die ganz kleinen Leser, die mit Begeisterung auf jeder Seite nach der Tasche suchen, um sie zu ertasten.
Während wir noch auf den richtigen Frühling und die Sommersonne warten, erinnert diese Geschichte uns daran, wie kostbar das Wasser ist, welches wir sorgenfrei vom Himmel und aus der Leitung beziehen können. Und wenn wir wieder einmal genervt sind vom vermeintlichen Dauerregen, dann holen wir dieses Buch hervor und machen uns bewusst, wie gut uns der Regen tut und wie wichtig es ist, sorgsam mit Trinkwasser umzugehen.
Nicht nur für Frühling und Sommer ist dies ein absoluter Vorlesetipp.
Altersempfehlung: 4-6 Jahre
Lesezeit/Seitenzahl: 10 Minuten
Daten zum Buch „Der kleine Dachs rettet die Frösche“
Titel: Der kleine Dachs rettet die Frösche
Autor: Suzanne Chiew, Caroline Pedler
Verlag: Brunnen
Jahr/Auflage: 2017
ISBN: 978-3765553493
Der kleine Dachs rettet die Frösche
Kriterium | Bewertung (1-10) | Begründung |
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Punkte gesamt | 10 | |
Titelwahl | 10 | |
Aufmachung | 10 | Großes gebundenes Bilderbuch mit abwischbarem Einband, sanfte Farben, besonders niedlich gezeichnete Tiere und kindgerechte Naturdarstellung, große doppelseitige Bilder und einige kleine Szenenbilder, dazu eine Werkzeugtasche zum Fühlen |
Text/Sprache | 10 | Die Textlänge ist optimal für eine Gutenachtlektüre, die Sprache ist ruhig, schön und verständlich Auch für Leseanfänger geeignet |
Inhalt | 10 | Es ist Sommer, es ist warm. Schon länger hat es nicht geregnet. Da erreicht die Nachricht vom ausgetrockneten Flussbett den Dachs und seine Freunde. Im Teich geht es den Fröschen schon ganz schlecht weil kein Wasser mehr da ist. Gemeinsam helfen die Tiere den Fröschen und machen sich dann auf die Suche nach Wasser. |
Pädagogische Themen | 10 | Ressourcenbewahrung Teilen Hilfsbereitschaft Freundschaft Klugheit Ideenreichtum Zusammenhalt |
Pädagogischer Wert | 10 | Die kleinen Leser erkennen sofort, wie wichtig Wasser ist, dass man es nicht verschwenden sollte, dass alle zusammen die Hindernisse überwinden können, und dass es Sinn macht, vorausschauend zu handeln. |
Schlüssigkeit/Logik | 10 | Wenn das Wasser knapp ist, spielen Spaß und Planschbecken keine Rolle mehr, denn es ist viel wichtiger, dass alle genug zu trinken haben. Um das zu gewährleisten, hilft weise Voraussicht. |
Kreativität | 10 |