Bobo reist aufs Land

Bobo reist aufs Land_Hakon Mielche

Bobo reist aufs Land, Hakon Mielche

Ich weiß nicht, woran es liegt, aber wir haben bestimmt an die zwanzig Bücher zum Thema Bauernhof in diesem Haus: Große, kleine, welche mit Klappen, mit Fühl- und Tastelementen, Pixie-Ausgaben, diverse Bücherhelden beim Entdecken der Bauernhofwelten, Geräuschbücher mit Tierlauten vom Bauernhof und Geschichten von tierischen Helden, die auf einem Bauernhof wohnen. Und keines dieser Bücher hat je ausgedient, ich muss sie wieder und wieder vorlesen und sie werden mit Begeisterung durchgeblättert.

Ich möchte betonen, dass weder ich noch mein Mann auch nur ein einziges Bauernhofbuch selbst gekauft haben. Unsere Kinder bekommen diese Bücher immer und überall, mit und ohne Anlass, geschenkt, von Freunden, Tanten, Großeltern und Nachbarn. Bauernhofbücher haben immer Saison.

Außer Bauernhofbüchern haben die Kinder natürlich noch Bauernhöfe von Playmobil und Lego, drei Bauernhofpuzzle und zwei oder drei Hörspiele zu dem Thema. Und wenn Opa besucht wird, was wird als Erstes aus Muttis altem Kinderzimmer hervorgeholt? Genau: Der gute alte Fisher Price Bauernhof. Das Tor muht immer noch, selbst nach über dreißig Jahren hat es die Funktion nicht eingebüßt. Das war noch Qualität! Das war noch Spielzeug! Aber zurück zum Thema:

Die Bauernhofliebe meiner Kinder ist besonders ausgeprägt, finde ich. Klar, das sagen wahrscheinlich alle Eltern von ihren Kindern. Aber bei meinen stimmt es. Wirklich! Neulich fuhren wir zu einem Bauernhof, um Kartoffeln zu kaufen. Ein Schnäppchen, den ganzen Hänger voll. Dafür lohnt sich auch schon mal eine längere Fahrt. Mein großes Kind war voller Vorfreude, juchuh, wir fahren zu einem Bauernhof. Und wie groß war die Enttäuschung, als wir feststellten, dass der Kartoffelbauer überhaupt keine Tiere hielt. Nicht mehr. „Lohnt sich nicht“, meinte er nüchtern. „Milch lohnt nicht, Schweine lohnen nicht, Hühner lohnen nicht, Heu und Stroh lohnen nicht. Lohnt alles nicht mehr. Viel Arbeit und es bleibt nichts hängen.“

Aber mit einer nüchternen wirtschaftlichen Betrachtungsweise war meinem Kind nicht beizukommen. Trotzig wurde das Gelände inspiziert, erst an Mamas Hand, dann irgendwann allein, denn Mama wollte ja partout nicht glauben, dass irgendwo auf diesem großen Bauernhof in einem der vielen Stallgebäude Tiere sein mussten. Konnte doch gar nicht sein! Überall nur Kartoffeln, Kartoffeln, Kartoffeln!

Und tatsächlich: Mein Kind stöberte ein Tier auf. Eine Hofkatze, die hatte der Bauer glatt unterschlagen. „Ja, stimmt, die Katze haben wir.“ Mein Kind war zufrieden: „Siehste“, schien der Blick triumphierend zu sagen. „Bauernhof ohne Tiere gibt es eben nicht!“

Papa hatte unterdessen die Futterkartoffeln aufgeladen, sodass wir uns auf den Heimweg machen konnten. Futterkartoffeln? Ja, ganz genau. Wir haben nämlich selbst Tiere. Zwar keine Katze, aber dafür einen Hund. Und eine Schildkröte. Und Kaninchen. Hühner und Enten natürlich. Und die Ziegen nicht zu vergessen. Keine Ahnung, warum meine Kinder so heiß auf Bauernhofbücher sind. Wenn man es genau betrachtet, wohnen sie doch selbst auf einem Bauernhof. Wirklich, keine Ahnung. Muss ich mal die Schweine fragen, wenn ich ihnen ihre Kartoffeln bringe.

 

Kurzrezension

Fotobilderbücher aus den siebziger Jahren – davon eines zum Buch der Woche zu erklären, wirkt natürlich etwas nostalgisch. Hat wohl mehr mit Muttis Vorliebe zu tun, als mit der der Kinder?!

Mitnichten: „Bobo reist aufs Land“ hat durch seine einfach und authentisch erzählte Geschichte von Anfang an den Weg ins Herz meiner Kinder gefunden und sich zum Dauerbrenner entwickelt.

Bobo ist ein kleiner Junge aus Dänemark. Er reist mit seiner Mama aufs Land zur Verwandtschaft und lernt hier nicht nur alle Bauernhoftiere kennen, sondern findet auch heraus, woher die Eier und die Milch kommen, die er so gern zum Frühstück isst und trinkt. Er sieht, wie Mehl und Brot hergestellt werden und wie in der Meierei aus Milch Käse und Butter entstehen. Bobo lernt die Getreidesorten kennen und darf mit Mama Trecker fahren. Was will man mehr, wenn man Kind ist?

In Kindern das Bewusstsein zu wecken, wieviel Arbeit und Mühe in den Lebensmitteln stecken und von welchen Tieren die Produkte stammen, ist heute genauso wichtig wie vor vierzig Jahren. Die Landwirtschaft hat sich in den letzten Jahrzehnten stark gewandelt und ein Hof, wie Bobo ihn besucht, ist rar geworden. Die wenigsten Bauern halten noch mehrere Tierarten, die meisten beschränken sich auf eine Sparte. Trotzdem oder gerade deswegen verlieren die klassischen Bauernhofbilder nicht an Bedeutung und Wert. Für Kinder sind Bauernhöfe spannend, wenn sie dort viele Tiere sehen oder gar streicheln dürfen. Viele Familien müssen für solche Erlebnisse tief in die Tasche greifen. Urlaub auf dem Bauernhof lässt man sich mittlerweile gut bezahlen. Umso schöner ist es, wenn Kinder durch Fotobücher wie „Bobo reist aufs Land“ auf so einfache und schöne Weise in Gedanken auf einen Bauernhof reisen können. Denn Bauernhöfe haben immer Saison.

Altersempfehlung: 0-7 Jahre
Vorlesezeit: 10 Minuten

Daten zum Buch „Bobo reist aufs Land“

Titel: Bobo reist aufs Land
Autor: Hakon Mielche
Verlag: Carlsen – Reinbeker Kinderbücher
Jahr/Auflage: 1975/2.

ISBN: 355-1510296

Bobo reist aufs Land

TitelwahlBewertung (1-10)Begründung
Punkte gesamt10
Titelwahl10
Aufmachung10Hardcover, DinA4
Fotobilderbuch gespickt mit einigen bunten Zeichnungen.
Text/Sprache9Einfache sachliche, nicht allzu emotionale Sprache
Inhalt10Dieses Fotobilderbuch erzählt die Geschichte vom kleinen Jungen Bobo, der mit seiner Mutter zu seiner Familie aufs Land reist. Dort lernt er nicht nur alle Tiere des Bauernhofes kennen, sondern findet auch heraus, woher die leckeren Dinge kommen, die er tagtäglich essen darf: Milch, Eier, Wurst, Käse und Brot. Von der Tieraufzucht und der Aussaat über die Ernte und das Mahlen des Mehls wird hier in einfachen Worten und Bildern sehr authentisch erklärt, wie in der Landwirtschaft - früher zumindest - die Lebensmittel hergestellt wurden.
Pädagogische Themen10Kennenlernen des Landlebens und der Tiere
Wertschätzung der Lebensmittel und der Arbeit, die dahinter steckt,
Familie
Abenteuer Landleben
Pädagogischer Wert10Gemeinsam mit Bobo erfahren die Kinder beim Vorlesen und Durchblättern, woher viele Grundnahrungsmittel stammen, wie sie entstehen und hergestellt werden. Durch die Fotografien bietet dieses Buch eine große Authentizität. Mit dem kleinen Jungen Bobo kann sich jedes Kind schnell identifizieren.
Schlüssigkeit/Logik10
Kreativität9Der Besuch des kleinen Jungen auf dem Land wird einfach und sachlich beschrieben. Das ist sehr anschaulich, aber es bedurfte keiner besonders künstlerischen Erzählweise und einen Spannungsbogen bietet die Geschichte entsprechend auch nicht.