Endlich steigen die Temperaturen, endlich geht es raus in den Garten, endlich! Letzte Woche noch Schnee, egal, heute wird barfuß gelaufen und Löwenzahn für die Kaninchen gepflückt.
Wie jedes Jahr habe ich viel vor: Beete jäten, die Frühsaat kontrollieren, neues Gemüse aussähen, Sträucher und Obstbäume auf Schädlinge untersuchen und und und. Es gibt doch nichts Schöneres, als eine reiche Ernte selbstgezogener Früchte von Mai bis November. Damit das alles bestmöglich funktioniert, braucht es aber etwas Struktur und Erfahrung: Welche Sorten vertragen sich und was pflanzt man besser nicht neben Tomaten? Was muss windgeschützt stehen, was unterm Vordach, welche Saat muss wie tief eingebracht werden und in welchen Abständen?
Und genau an der Sache mit der Struktur scheitere ich jedes Mal, wenn dieses Stimmchen ertönt: „Mami, ich will dir helfen!“
Toll! Mein Kind ist hilfsbereit! Toll, es interessiert sich für die Gartenarbeit! Das sind doch hervorragende Aussichten. Und es macht auch begeistert mit. So begeistert, dass auch das kleine Geschwisterchen mithelfen will. Pfeif auf die Sandkiste, Muttis Beet ist viel interessanter. Aha, Mutti reißt was Grünes raus, so geht das also. „Nein, halt, nicht die Pflanze, die ist „ei“, die wollen wir behalten, ich rupf doch nur das Unkraut-.“ Ach, was soll’s. Einem Kind unter Zwei den Unterschied zwischen austreibendem Saatgut und Unkraut beizubringen ist wirklich zuviel verlangt.
„Lasst uns lieber die Bohnen aussäen. Ja, du darfst die Tüte mit den Samen halten. Gib deinem Geschwisterchen auch eine Bohne. Halt, nicht in den Mund stecken, die sind giftig. Die müssen erst wachsen, geerntet werden und dann gekocht, dann kann man sie essen. Halt, nicht einfach auskippen, die Tüte! Ich muss doch zuerst die Löcher in die Erde stechen, und dann kommt in jedes Loch ein Saatkorn. Eines! Nur eines! Nein, ich sagte nur eines pro Loch. Und dann die Löcher wieder zumachen. Nein, nur die, in die du schon ein Saatkorn gesteckt hast. Nein, das dort nicht, da ist doch noch gar keine Bohne drin.“
Das sind einfach viel zu viele Regeln. Kein Wunder, dass Kind Nummer eins schneller die Lust am Aussäen verliert, als die Saatguttüte leer ist, während Kind Nummer zwei dazu übergegangen ist, mit dem Schäufelchen die Bohnensamen wieder auszubuddeln, um sie sich heimlich in den Mund zu stopfen. So wird das nichts.
„Kommt, wir holen Wasser, wo sind eure Gießkannen? Na, weil die frisch gepflanzten Setzlinge Wasser brauchen. Genau. Nicht so viel. Nein, hier muss das Wasser hin, hier haben wir doch gesät. Ja, meinetwegen auch da. Aber nicht mehr auf den Kürbis, der hat genug. Nein, der hat jetzt wirklich genug Wasser. Danke. Danke, es reicht.“
Okay, hat ja keiner gesagt, dass Gartenarbeit einfach ist. Aber sie bringt Spaß. Jedenfalls bis zu dem Moment, in dem mein Kind enttäuscht feststellt, dass das, was wir heute gesät haben, morgen noch nicht geerntet werden kann. „Wieso? Na, weil die Pflanzen doch erst wachsen müssen. Nein, das braucht Zeit. Das dauert Wochen.“ Meist sogar Monate, aber mit solchen Zeitangaben verschreckt man ein Kind, das noch nicht den Kalender lesen kann, nur. „Kommt, wir gucken mal, wieviele Blüten an den Erdbeeren sind. Nein, nicht pflücken, die Blüten, sonst bekommen wir keine Beeren! Na gut, die eine können wir in die Vase tun, aber bitte keine weitere Pflücken, sonst wachsen keine Erdbeeren. Na, weil die Beeren aus den bestäubten Blüten wachsen. Ja, genau, die Sache mit den Bienen. Ja, stimmt, Hummeln gehen auch. Das ist aber ein Käfer. Na, der hat doch gar keine gelben Streifen. Nein. Nein, der buddelt sich selber ein, und dann vermehrt er sich. – Ich hab drinnen noch Kekse, wer will einen? Okay, lasst uns reingehen!“
Kurzrezension
Zilly, die Zauberin liebt Gemüse. Alle möglichen Sorten, vor allem aber Kürbis. Vom Wochenmarkt holt sie das Gemüse deshalb in so riesigen Mengen, dass ihr die Hälfte beim Heimflug wieder vom Besen rutscht. Das kann so nicht weitergehen. Aber Zilly hat eine Idee: Ein eigener Gemüsegarten! Das ist es! Sofort macht sich die gute Hexe an die Arbeit.
Doch schon bald merkt sie, dass es sehr lange dauert, bis aus Saatgut Gemüse wächst. Und dann machen sich auch noch Raupen, Schnecken und Kaninchen über Zillys Pflänzchen her. Zilly schwingt ihren Zauberstab und Abrakadabra sollen die Pflanzen schneller wachsen. Ansich eine gute Idee, aber wer mit List und Tücke in die Natur eingreift, kann ein blaues Wunder erleben. Nicht nur, dass Zillys Pflanzen so sehr wachsen, dass sie ihr Haus überwuchern, nein, auch die Schädlinge wachsen mit. Ihr Kater Zingaro nimmt Reißaus vor einer Monsterraupe.
Als ein gigantischer Kürbis droht, das Hausdach einzudrücken, will Zilly gerade einen rettenden Zauberspruch sagen, da plötzlich schrumpft alles wieder auf ein Normalmaß zurück. Alles, bis auf den Kürbis: Der bleibt überdimensional groß. Eigentlich toll, denn Kürbis ist ja Zillys Leibgericht. Aber es ist so viel, dass sie und Zingaro gar nicht alles alleine essen können. Also verschenken sie schubkarrenweise Kürbisfleisch, bis der Kürbis ganz ausgehöhlt ist. Das ist sehr großzügig, ganz ohne wirtschaftliche Absichten. Wo Kürbis doch so teuer ist. Gemüse zu verschenken ist einfach ausgesprochen nett und löblich. Und was tun mit der leeren Riesenkürbishülle? Die Kreativität von Zilly kennt keine Grenzen: Sie zaubert daraus einen orangenen Hubschrauber, mit dem sie fortan ihren Gemüseeinkauf vom Markt heim transportieren kann.
Dieses Buch überzeugt nicht nur in der Kategorie „witzig“, sondern gibt Einblicke, welche leckeren Gemüsesorten es gibt und wie viele unterschiedlichste Dinge man aus Kürbis kochen kann. Als Eltern kommt einem jede Geschichte recht, die den Kindern zeigt, dass Gemüse lecker sein kann. Außerdem lernen wir mit Zilly, dass Gemüsegärtnern keine leichte Arbeit ist, die viel Geduld braucht, und nicht zuletzt, dass ein Eingriff in die Natur oft keine gute Idee ist, weil wir die Folgen nicht immer vollständig einschätzen können. All diese Lehrweisheiten sind aber so lustig, niedlich und charmant verpackt in die Geschichte einer sehr eigentümlichen Zauberin, dass man niemals auf die Idee kommen würde, hier eine Moral oder Lehre zu suchen. Zilly und ihr Riesenkürbis machen einfach Spaß und bieten gute Unterhaltung.
Altersempfehlung: 4-8 Jahre
Vorlesezeit: 8-10 Minuten
Daten zum Buch „Zilly und der Riesenkürbis“
Titel: Zilly und der Riesenkürbis
Autor: Korky Paul, Valerie Thomas
Verlag: Beltz&Gelberg
Jahr/Auflage: 2012
ISBN: 978-3407794154
Zilly und der Riesenkürbis
Titelwahl | Bewertung (1-10) | Begründung |
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Punkte gesamt | 10 | |
Titelwahl | 10 | |
Aufmachung | 9 | Hardcover DinA4 Der innere Einband besteht aus Wachsmal- oder Kreidezeichnungen, die von Kinderhand gemalt sind. Das wirkt sehr persönlich und besonders kindgerecht. Das Cover und die Geschichte wurden mit Bildern gestaltet, die in dünnen Zeichenlinien kunterbunt ausgemalt sehr wuselig und beinahe überladen daherkommen. Die Zauberin und ihr Kater punkten nicht gerade mit Schönheit und der Charme und die Trotteligkeit der Zauberin hätten besser ausgedrückt werden können. Zuweilen wirkt Zilly garstiger, als sie ist. Insgesamt aber eine gelungene Aufmachung. |
Text/Sprache | 10 | Schön geschriebene Geschichte in einfachen aber nicht langweiligen Sätzen,geeignet auch für Leseanfänger. |
Inhalt | 10 | Zilly, die Zauberin, mag Gemüse. Aber die Mengen, die sie davon auf dem Markt kauft, bereiten ihr logistische Probleme. Also beschließt sie, alles selbst anzupflanzen, vor allem ihr Lieblingsgemüse: Kürbis. Doch mit Geduld hat sie es nicht so, deshalb schwingt sie ihren Zauberstab und zaubert ihr Gemüse abrakadabra größer. Und das Gemüse wächst. Und wächst. Und hört nicht mehr auf zu wachsen. Schließlich bedroht die gigantische Gemüsewelt ihr schönes Haus, doch noch ehe Zilly wieder durch Zauber eingreifen kann, schrumpft alles wieder genauso schnell, wie es gewachsen war, Alles, bis auf den Kürbis. Der bleibt so groß, dass Zilly und ihr Kater den unmöglich alleine essen können. Also teilen sie ihn, bis nur noch die Kürbishülle übrig ist. Und aus der zaubert Zilly dann noch etwas total Praktisches. |
Pädagogische Themen | 10 | gesunde Ernährung etwas Neues ausprobieren Geduld haben kreative Problemlösungen finden Teilen Lernthema: Gemüsegärtnern |
Pädagogischer Wert | 10 | Kindern wird hier auf lustige Weise dargestellt, dass Gemüse eine leckere Sache ist. Das Gärtnern wird mit seinen Vorteilen und Schwierigkeiten dargestellt, die möglichen Folgen von Ungeduld und dem Eingreifen in die Natur werden witzig dargestellt und Zilly erweist sich als großzügig und teilt den Kürbis mit allen, statt ihn zu verkaufen. |
Schlüssigkeit/Logik | 8 | Warum alles wieder schrumpft, nur der Kürbis nicht, ist nicht logisch, aber wohl Magie. |
Kreativität | 10 |