Wer findet den Schatz? Vier Rätsel und eine turbulente Suche

Wer findet den Schatz? Vier Rätsel und eine turbulente Suche, Frank Kauffmann

Die Hitzewelle geht auch an unseren Kindern nicht spurlos vorüber. Neben den ein bis vier Eistüten, die Junior seit dem Frühstück in regelmäßigen Abständen lautstark einfordert, wirken sich vor allem unkontrollierbare Wutausbrüche der Großen, durchs Haus fliegende Sandalen und Legosteine sowie Kreischalarm im Minutentakt sehr schlecht auf mein Allgemeinbefinden aus. Manchmal fühle ich mich gar gestraft.

Ob es wirklich nur der außergewöhnlich südländische norddeutsche Sommer ist, der die Gemüter meiner Lieblingskinder derzeit so erhitzt, sei dahingestellt. Aber das Gefühl, seit Wochen nur Streit und gegenseitige Beschimpfungen aus dem Kinderzimmer zu hören, lässt sich durchaus mit Fakten belegen. Es wird derzeit einfach um alles Mögliche und Unmögliche gestritten: Filzstiftkappen, Kissen für die selbstgebaute Burg und Stöcke zum Rühren der Maggikrautbrennnesselsuppe gehören maximal einem – und immer dem, der sie gerade nicht hat. Aber auch die Hörspielauswahl oder abstrakte Dinge wie „wer älter ist“ oder „etwas besser kann“ oder „wer schneller wächst“ bieten Anlass zu Kabbeleien, die nicht selten in Haareziehen und Kneifen enden.

Getrennt liegende abschließbare Räume sind Mangelware, und so müssen sie sich zwangsläufig immer wieder zusammenraufen. Das klappt am besten, wenn sie eine Aufgabe bekommen, die sie wirklich reizt. Oder: wenn sie schlafen. Ja, im Schlaf sehen die beiden tatsächlich engelsgleich aus. Neulich auf dem Gartenfest bei Nachbarn behaupteten doch einige Freunde mit Blick auf die beiden in einem Gartenstuhl Arm in Arm eingeschlummerten Kinder, wir seien doch wirklich gesegnet mit diesen Beiden. Und natürlich hat die Dorfgemeinschaft Recht: Wie gut es uns eigentlich geht, das merken wir oft gar nicht mehr.

So ergeht es auch den ewig motzenden und maulenden Helden in diesem turbulenten Abenteuer: Erst, als sie für eine große Aufgabe alle gemeinsam anpacken müssen, merken sie wieder, was sie aneinander haben.

Kurzrezension

Eine Kuh, ein Schwein, eine Ziege, eine Gans und eine Maus leben zusammen auf der Rothenfluh in einem Berggasthaus, das sie von ihren Vorfahren geerbt haben. Doch statt das gut laufende und beliebte Gasthaus mit seinem berühmten Heidelbeerkuchen weiter zu betreiben, streiten die fünf unterschiedlichen Eigentümer jeden Tag miteinander und beschimpfen sich wüst.

Der Streit und die Beschimpfungen halten nach und nach sämtliche Gäste fern. Und so kommt es, dass den Tieren das Geld ausgeht, um auf der Rothenfluh bleiben zu können. Hochverschuldet müssen sie mitansehen, wie ein Investor und ein Bauunternehmer ihre gierigen Hände nach dem Anwesen ausstrecken. Sie wollen hier ein Luxushotel mit Golfplatz errichten und damit viel Geld verdienen.

Flora Kuh, Ida Gans und Co. können das nur verhindern, wenn sie den sagenhaften Rothenfluh-Schatz finden, den ihre Vorfahren für harte Zeiten versteckt hielten. Die Anleitung zur Schatzsuche hängt in Versform in der Stube. Doch noch nie ist es jemandem gelungen, die Rätsel zu lösen und den Schatz zu bergen.

 

Es beginnt eine turbulente und lustige Suche nach den einzelnen Teilen der Schatzkarte und den Werkzeugen, die für die Bergung des Schatzes benötigt werden. Dabei kann jedes der vier unterschiedlichen Tiere seine persönliche Stärke einbringen. So erkennen die Mitbewohner, dass diese Schatzsuche nur gemeinsam bewältigt werden kann. Und sie stellen fest, dass sie sich eigentlich ja auch sehr gerne mögen und auf jeden Fall weiter zusammen auf der Rothenfluh wohnen wollen. Sie nehmen sich ein Stück vom Schatz, um die Schulden zu begleichen und das alte Gasthaus wieder in Schuss zu bringen. Den Rest aber bewahren sie weiter für Notzeiten versteckt auf und feiern schließlich ein großes Fest zur Neueröffnung.

 

Dieses humorvolle und rasante Abenteuer hat wahrlich FABEL-hafte Züge, denn die Tiere benehmen sich äußert menschlich und entdecken zum Glück noch rechtzeitig, welche Werte wirklich für sie zählen. Die Moral von der Geschicht ist eindeutig: Gemeinsame fleißige Arbeit, Rücksichtnahme, Akzeptanz der Eigenarten der anderen, gegenseitige Hilfestellung und eine friedliche Ausdrucksweise lassen aus den fünf verschuldeten Streithähnen eine verschworene Wohngemeinschaft und aus dem maroden Geschäft wieder ein beliebtes Gasthaus werden. Und dass die Tiere den Schatz nicht wie geplant an sich reißen und verprassen, sondern nur so viel nehmen, wie sie wirklich gerade brauchen, ist an Bescheidenheit und Klugheit manch einem Menschen zu wünschen. Wer mag, kann hier auch noch eine philosophische Frage beantwortet sehen: Was ist Glück und was macht glücklich? Die fabelhaften Tiere finden es heraus.

 

Kauffmanns Geschichte eignet sich sowohl zum Vorlesen, beispielsweise in zwei Etappen, als auch für Leseanfänger. Den Rätseltext von Seite 16 sollte man dabei zwischendurch immer wieder aufschlagen, um richtig mitraten und mitfiebern zu können. Denn das Auffinden der Schatzkarte bedarf cleverer Gedanken und gewitzter Querdenker. Als Lektüre für die Schulferien ist dieser literarische Spaß daher bestens geeignet, um das Gehirn trotzdem auf Trab zu halten. Die bunten, fröhlichen und witzigen Zeichnungen von Eleonore Gerhaher bereichern das Buch zusätzlich.

Altersempfehlung: 5-7 Jahre
Lesezeit/Volumen:  55 Seiten

Daten zum Buch „Wer findet den Schatz? Vier Rätsel und eine turbulente Suche“

Titel: Wer findet den Schatz? Vier Rätsel und eine turbulente Suche
Autor: Frank Kauffmann
Verlag: Orell Füssli
Jahr/Auflage: 2017 / 1.

ISBN: 978-3280035597

Wer findet den Schatz? Vier Rätsel und eine turbulente Suche

TitelwahlBewertung (1-10)Begründung
Punkte gesamt10
Titelwahl10
Aufmachung10DinA5, gebunden und fröhlich bunt aufgemacht
Lustige Zeichnungen,
Text/Sprache9Okay, es wird viel geschimpft, daher ein sprachlicher Abzug. Aber der Text ist sehr gut geeignet für Erstleser und rasant und spannend geschrieben. Die große Schrift ist perfekt für kleine Leseanfänger.
Inhalt10Das Berggasthaus Rothenfluh hat seine besten Zeiten hinter sich. Schuld daran sind seine tierischen Besitzer, die als Erben nichts als Streitereien vollbringen. Doch dann kommen ein Bauunternehmer und ein Investor, die aus Rothenfluh ein Luxuhotel machen wollen. Das weckt den Ehrgeiz der Tiere und gemeinsam machen sie sich auf die Suche nach dem Schatz ihrer Vorfahren, um die Pleite und den Zwangsverkauf abzuwenden. Ob es gelingt?
Pädagogische Themen10Zusammenhalt
Faulheit
Streit
Freundschaft
Ehrgeiz
Bescheidenheit
Glück
Pädagogischer Wert10So wie die Tiere sich gegenseitig beschimpfen, kommt es in den besten Familien und Freundschaften vor. Doch in der Not halten die Tiere zusammen, und die Kernbotschaft "Gemeinsam sind wir stark" wird plausibel übermittelt. Hinzu kommen eine Erkenntnis über Glück und eine große unerwartete Portion Bescheidenheit.
Schlüssigkeit/Logik-
Kreativität10