Pippi plündert den Weihnachtsbaum

Pippi plündert den Weihnachtsbaum_Astrid Lindgren

Pippi plündert den Weihnachtsbaum, Astrid Lindgren

Weihnachten mit Pippi Langstrumpf muss phantastisch sein! Hier werden sämtliche Regeln über Bord geworfen und es wird nach Herzenslust gefeiert.

Kurzrezension

Die Kinder in der kleinen Stadt sind aufgeregt: Pippi Langstrumpf hat sie alle zum Plünderfest eingeladen. Tommy und Annika führen den Zug der Kinder zur Villa Kunterbunt an. Doch was ist hier los? Alles ist dunkel? Fällt die Party etwa aus?

In die Enttäuschung der Kinder hüpft Pippis Äffchen Herr Nilsson und überreicht Tommy einen Brief von Pippi. Die Kinder sollen die Bonbonspur aufessen, die sie direkt zu der Schneehütte führt, die Pippi mit ihren Freunden gebaut hatte. In der Hütte gibt es heiße Schokolade und jede Menge Sahnetorten. Die Kinder freuen sich und langen ordentlich zu.

 

Ein fremder Junge schaut aus der Ferne zu. Er traut sich nicht zu fragen, ob er mitmachen darf, deshalb geht Pipi zu ihm hinüber und lädt ihn ein. Auch einen kleinen Hund lädt sie ein, mit ihr und den anderen Kindern zu feiern, zu spielen und Torte zu essen.

Auf die Torten hat es auch Frau Finkvist abgesehen, eine unfreundliche Person, die Kinder nicht leiden mag. Aber Torte mag sie leiden. Sie möchte von Pippi auch zu dem Fest eingeladen werden, aber Pippi erklärt ihr ganz natürlich, dass das Fest für Erwachsene verboten ist und Sahnetorte und Bonbons nicht gesund sind für Große. „Davon kriegen sie nur Bauchschmerzen und werden quengelig“, erklärt Pippi.

Diese Retourkutsche an alle Erwachsenen, die mit strengen Regeln den Bonbonkonsum ihrer Kinder kontrollieren wollen, sitzt. So ist Pippi eben: Sie stellt die Welt der Erwachsenen auf den Kopf und konfrontiert sie mit ihren eigenen Regeln.

 

Nach einer wagemutigen Rutschpartie vom Dach der Villa Kunterbunt und einem Tanz um die Tanne ist es dann endlich so weit: Alle Kinder dürfen den großen Weihnachtsbaum plündern, der über und über mit Geschenken und Leckereien gefüllt ist.

 

Nun kann man innehalten und monieren, dass die Geschichte den Konsumwahnsinn und die Geschenkegier der Kinder fördert, statt zur Besinnung auf das Wesentliche aufzurufen – aber ist nicht das Wesentliche an Weihnachten das Kinderlachen?

Pippi sorgt mit ihren Regelbrüchen, mit den Ausschweifungen und dem Anderssein für eine fröhliche Kinderschar. Natürlich lieben Kinder Süßes und Geschenke im Übermaß – aber es ist doch nur einmal im Jahr Weihnachten. Wann, wenn nicht jetzt, können wir den Kindern so ein Übermaß mal gönnen? Zeit, sich zurückzunehmen bleibt uns Erwachsenen doch noch das ganze Jahr über.

 

Einzig die Frage, ob man nicht in aller Großmut auch der unsympathischen Frau Finkvist ein Stück Torte hätte mitgeben können, muss erlaubt sein. Hätte sie dann ihre Meinung über das „schreckliche Kind“ Pippi Langstrumpf überdacht? Denn vielleicht fängt auch mit genau so einer Geste der kleine Friede an. Dass Annika Pippi als „dumm“ bezeichnet, weil diese die Texte der Weihnachtslieder durcheinander bringt, nimmt Pippi ihr nicht übel, es ist nur eine Randnotiz. Kinder nehmen eben kein Blatt vor den Mund.

 

Die Neuauflage bietet einige unwichtige textliche Änderungen, aus Thomas wird Tommy, aus Schneewächte wird Schneewehe, die doppelten Adjektive auf der ersten Seite verschwinden und die Neuauflage unterteilt die Geschichte in zehn Kapitel und hängt noch ein Leserätsel hinten an. Statt Halsketten und süßen kleinen Parfumflaschen versteckt Pippi in der Neuauflage Puzzlespiele und Bücher im Baum. Nun kenn ich den schwedischen Originaltext nicht, aber offenbar konnten es die Erwachsenen an dieser Stelle wohl doch nicht ganz lassen, Pippi Langstrumpf eine vermeintlich „pädagogisch wertvollere“ Geschenkeart aufzuzwingen.

 

Insgesamt kann man beide Versionen guten Gewissens sehr empfehlen – wie nicht anders zu erwarten bei Geschichten der großartigen Astrid Lindgren. Das Buch ist zum Vorlesen ebenso geeignet, wie für Selbstleser – die Verlagsempfehlung stuft es für Leser der zweiten und dritten Klassenstufe ein.

Altersempfehlung: 4-8 Jahre
Vorlesezeit: 20-25 Minuten

Daten zum Buch „Pippi plündert den Weihnachtsbaum“

Titel: Pippi plündert den Weihnachtsbaum
Autor: Astrid Lindgren
Verlag: Oetinger
Jahr/Auflage: 1981 / 2010/11

ISBN: Lesemaus 378-9116424 / 978-3789107313

Pippi plündert den Weihnachtsbaum

TitelwahlBewertung (1-10)Begründung
Punkte gesamt10
Titelwahl10
Aufmachung7Warum nur wird Pippi Langstrumpf so unglaublich häßlich dargestellt? Sowohl in der 1981-Version als auch in der 2011 gedruckten Neuauflage bekommt Lindgrens zauberhafte Figur ein wahrlich fratzenhaft anmutendes Gesicht verpasst. Alle anderen Kinder und Figuren sind normal anzusehen, und die Schwarzweiß-Illustrationen von 1981 sehr niedlich und schön. Auch die farbigen Bilder in der Neuauflage gefallen, einzig Pippis Gesicht ist abschreckend.
Text/Sprache10Der Text wurde sprachlich hier und da abgeändert, bleibt aber weitestgehend der Übersetzung von 1981 treu und liest sich rund und flüssig.
Inhalt9Pippi Langstrumpf lädt alle Kinder des Dorfes ein, mit ihr ein Weihnachtsbaum-Plünderfest zu feiern. Es gibt leckere Sachen zu essen und viele Geschenke und die Kinder freuen sich sehr. Auch ein neu hinzugezogener kleiner Junge und ein zugelaufener Hund dürfen mitfeiern. Nur eine unsympathische tortenverliebte Dame lässt Pippi nicht mitmachen.
Pädagogische Themen10Großzügigkeit
anderen eine Freude bereiten
Feste feiern
Freundschaft
Pädagogischer Wert9Lindgrens Bücher sind geprägt von der Welt, dem Herzen und Verstand der Kinder. Ihre Normen und Regeln oder eben die fehlenden weil überflüssigen Regeln bestimmen den Rahmen. So ist es menschlich nachvollziehbar, dass die gierige und unfreundliche Frau Finkvist keine Torte abbekommt - aber vielleicht wäre es dem Weihnachtsgedanken mehr entsprechender, auch großmütig mit den unfreundlichen Menschen zu sein?
Schlüssigkeit/Logik-Pippi stellt die Welt der Erwachsenen auf den Kopf und hat ihre eigene Logik.
Kreativität10