Haselnusstage

Haselnusstage, Emmanuel Bourdier

Wie ist es für ein Kind, wenn der eigene Vater im Gefängnis ist? Wie fühlt es sich an, wenn man ihn immer nur für eine Stunde sehen darf? Was sagt man den Freunden, die fragen?

Kurzrezension

Haselnusstage – so nennt der Junge die Tage, an denen Papa ein ganz bestimmtes Parfum benutzt. Er mag den Geruch. Was er nicht mag, ist, wenn Papa das falsche Parfum benutzt, oder wenn er nach Zigaretten riecht.

Der Junge hat viele Namen für seinen Vater, gute und nicht so gute. Papa löst viele schlechte Gefühle aus, in Mama und auch im Jungen. Papa bringt den Nebel in Mamas Augen. Aber Papa löst auch so viele gute Gefühle und Gedanken aus. Wenn Papa lacht, dann geht es dem Jungen gut. Papa ist stark und lustig. Im Gegensatz zum Gefängniswärter.

Der Junge weiß, dass der Mann im Gefängnis sein Papa ist, denn er ähnelt ihm sehr. Manchmal schimpft Papa, zum Beispiel wegen der schlechten Schulnoten. Er meint, sein Sohn müsse gut in der Schule sein, um nicht so zu werden wie er, sein Vater. Aber der Junge möchte werden, wie sein Vater. Jedenfalls an den guten Tagen, den Haselnusstagen.

Das Buch beschreibt die Gedanken und Gefühle eines Jungen an einem Mittwoch, von 14-15 Uhr. Eine Stunde, nicht mehr. Und doch so viel mehr. Denn ein Vater hört nicht auf, Vater zu sein, wenn er eingesperrt wird.

 

Dieses Buch ist ein trauriges Bilderbuch mit traurigen Bildern, die sehr ergreifend gezeichnet sind. Das Buch ist wichtig, denn die Traurigkeit, die negativen Gefühle dieses Jungen sind zulässig, ja, sogar wichtig. Der Junge liebt seinen Vater, genau so, wie er ist, und er nimmt die Situation an und geht mit ihr um, so gut es ihm eben möglich ist. Er nimmt die Gefühle an, die er hat. Und trotz der Tristesse träumt er von einer Zukunft, in der er endlich mit seinem Vater um die Wette rennen wird.

Dieses aus dem Französischen übertragene Buch stimmt nachdenklich. Es hat sicher nicht die ganz große Zielgruppe, aber es hilft, den Blickwinkel zu ändern, Gefühle zu reflektieren und mit dem eigenen Kind darüber zu sprechen, wie es ist, wenn man sich um seine Eltern sorgt, traurig ist, oder wütend auf die Eltern, und sie dennoch liebt. Denn Kinder lieben ihre Eltern, auch oder gerade, weil sie sind, wie sie sind: Nicht perfekt.

Altersempfehlung: 5-7 Jahre
Vorlesezeit: 10 Minuten

Daten zum Buch „Haselnusstage“

Titel: Haselnusstage
Autor: Emmanuel Boudier
Verlag: minedition
Jahr/Auflage: 2017

ISBN: 978-3865663238

Haselnusstage

KriteriumBewertung (1-10)Begründung
Punkte gesamt10
Titelwahl10
Aufmachung10gebunden, eindrucksvolle Zeichnungen durch die Kohlezeichnungen, der Hintergrund ist in sepia gehalten, was den Nebel, den Schleier der Belastung, die Tristesse der Situation im Gefängnis spiegelt.
Text/Sprache10Die Sätze sind oft kurz und knapp, bieten Momentaufnahmen, geben einzelne Sinneseindrücke wieder
Inhalt10Ein Junge besucht seinen Vater im Gefängnis. Nur eine Stunde bleibt den beiden. Papa imitiert Vogelstimmen im Park. Er ist lustig. Und er ist stark. Aber er schimpft auch wegen der Schulnoten. Er ist wütend und am Ende weint er sogar. Immer dabei ist ein unsympathischer Wärter ohne jedes Verständnis. Am Ende ist der Besuch vorbei. Trotzdem hat der Junge Hoffnung.
Pädagogische Themen10Familie
Liebe
Sorge
Angst
Wut
Gefühle
Pädagogischer Wert10Einfühlsam und dennoch trotz der erst zum Schluss erklärten Situation werden die differenzierten Gefühle des Jungen in harten, klaren Worten offenbart.
Schlüssigkeit/Logik10
Kreativität10