Mein Kind wünscht sich zu Weihnachten eine Puppe. Es ist nicht so, dass es hier im Haus nicht schon eine Puppe gäbe, mehrere sogar: Große, kleine, alte und weniger alte, mit blonden, roten und schwarzen Haaren, mit heller und dunkler Haut, Puppen aus meiner Kindheit, Puppen von Oma, Puppen von der netten Nachbarschaft. Es wohnen hier so unvorstellbar viele Puppen, dass man berechtigterweise sagen könnte, wir wohnten in einem Puppenhaus – wären da nicht noch die unvorstellbar vielen Teddys, Autos, Ponys und so weiter.
Nun, die Wunschpuppe soll natürlich nicht irgendeine Puppe sein. Es soll eine Babypuppe sein, eine zum Umsorgen, zum Füttern, eine die spricht oder Pipi macht oder am besten beides. Dazu braucht die Puppe natürlich einen Puppenwagen, denn der alte ist nach vielen Jahren kaputtgebrochen.
Auch ein Puppenbett muss her, und überhaupt braucht die neue Wunschpuppe so ziemlich alles, was ein echtes Baby auch brauchen könnte, findet mein Kind. Der ellenlange Wunschzettel ist nun also auf dem Weg nach Himmelpforten.
Manchmal denke ich, dass vielleicht die eine oder andere alte Puppe nun ausziehen könnte. Man könnte sie weiterverschenken an andere Kinder oder in eine Kiste auf den Dachboden stellen, weil sie sicher kaum mehr bespielt werden, wenn das Christkind tatsächlich die neue Wunderpuppe bringen sollte.
Die eine oder andere Puppe, an der schon ein Arm oder Bein fehlt, die Augen nicht mehr richtig aufklappen oder das Gesicht mit Filzstiften verziert wurde, könnte sicher auch in den Müll, die braucht mein Kind doch nun nicht mehr, erkläre ich deshalb. Aber ich irre mich.
Die kranken Puppen braucht mein Kind zum Krankenhaus spielen, die kleinen Puppen passen besser in den Fahrradkorb und die entkleideten alten Puppen, die seit Monaten in der Bettschublade schlummern, sollten doch gerade neu eingekleidet werden.
Und dann ist da ja noch meine eigene alte Lieblingspuppe. Mein Kind hatte sie einst in Opas Haus gefunden und sofort in ihr Herz geschlossen. Ihre strubbeligen Haare hatte ich vor gut vierzig Jahren wohl kurz geschnitten und das quäkige Weinen, das einst ertönte, wenn man sie hinlegte, ist nur noch als kurzer Maunzer zu hören. Ihr Kopf muss alle paar Tage mühsam wieder mit Minischleife an den Körper gebunden werden. Aber sollen wir sie deshalb wirklich wegwerfen? So viele Erinnerungen hängen an ihr.
Nicht alle alten Spielsachen verlieren wohl ihren Wert, wenn ein neues einzieht. Denn mit den Puppen und Teddys dieser Welt verbinden Kinder oft mehr, als „haben wollen“ und „geschenkt bekommen“. Sie sind es einfach wert, dass man sich um sie kümmert und sie nicht fallen lässt für eine neue Spielzeugattraktion. Und so decken wir meine Vierzigjährige Babypuppe wohl auch nach Weihnachten zusammen mit den anderen Puppen jeden Abend warm zu – ganz egal, was das Christkind meinen Kindern bringen mag.
Kurzrezension
Ein leises, kaum hörbares Flüstern im Schnee lässt ein Hasenkind hellhörig werden. Schnell holt es seine Freunde. Sie haben eine Schaufel dabei, und obwohl keiner glauben mag, dass Schnee wirklich flüstern kann, graben sie an der Stelle, die Kip ihnen zeigt.
Und tatsächlich: Im eiskalten Schnee finden sie einen alten, traurig dreinschauenden Teddybären. Eigentlich kann er gar nicht geflüstert haben, denn sein Mund besteht nur aus einer Naht. Aber Kip ist überzeugt, er habe geflüstert: „Ich bin verlorengegangen.“
Liegenlassen können die drei Hasen und zwei Mäuse den Bären nun nicht, soviel ist klar. Also, was nun? Sie beschließen, den Teddybären zu Onkel Bär zu bringen. Der wüsste sicher einen Rat. Um ihn in seiner gestörten Winterruhe zu besänftigen, bringen sie ihm direkt einen Weihnachtshonig mit.
Der Honig wirkt. Onkel Bär sieht sich den Teddy an und meint, dass er sicher sehr liebgehabt wurde und irgendwo ein Kind seinen Bären furchtbar vermissen wird. Er schließt es aus den Abnutzungserscheinungen des Teddys. Selbst wenn dieses Kind zu Weihnachten einen neuen Teddy bekommen sollte, würde es doch seinen alten Teddy schrecklich vermissen, meint Onkel Bär.
Die Tiere beschließen, zu helfen. Zunächst einmal wollen sie den Bären ein wenig herrichten. Sie organisieren Kleidung und ersetzen das fehlende Auge. An die kaputten Füße nähen sie Stoffreste. Dann schickt die Eule ihre Vogelfreunde los. Sie sollen herausfinden, ob irgendwo ein Kind seinen Teddy vermisst.
Und tatsächlich: EIn kleines Mädchen sitzt gar nicht weit entfernt in einem Haus am Fenster und weint. Die Tiere sind sich sicher: Der verlorengegangene Teddy gehört dem Mädchen. Rasch bringen die Vögel den Teddy zu dem Haus. Die anderen Tiere laufen mit. Sie wollen beobachten was passiert.
Und jedem, der dies auch erfahren möchte, dem empfehlen wir mit Nachdruck dieses wundervolle, in ruhigen und stimmungsvollen Bildern und Farben gezeichnete Weihnachtsbuch, das die Werte Hilfsbereitschaft, Großzügigkeit, Freundlichkeit und Liebe auf unaufdringliche Weise in unsere Herzen zu transportieren vermag.
Altersempfehlung: 4-6 Jahre
Vorlesezeit: 10 Minuten
Daten zum Buch „Geflüster im Schnee“
Titel: Geflüster im Schnee
Autor: Kate Westerlund, Feridun Oral
Verlag: Minedition
Jahr/Auflage: 2017
ISBN: 978-3865663160
Geflüster im Schnee
Kriterium | Bewertung (1-10) | Begründung |
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Punkte gesamt | 10 | |
Titelwahl | 10 | |
Aufmachung | 10 | Ruhige, stimmungsvolle Farben und Bilder, liebenswerte Figuren, weihnachtlich-winterliche Landschaft, gebunden |
Text/Sprache | 10 | Der Text ist unaufgeregt, verständlich und von der Länge her perfekt geeignet als weihnachtliche Gutenachtgeschichte für aufgeregte kleine Kinder, die voller Wünsche und mit einem Lieblingsstofftier im Arm einschlafen. |
Inhalt | 10 | Ein kleiner Hase hört ein Flüstern. Es kommt aus dem Schnee. Sofort holt er sich Hilfe. Gemeinsam graben drei Hasen und zwei Mäuse einen durchfrorenen, alten, abgenutzten Teddybären aus. Ganz klar, der Bär braucht Hilfe, denn er hat doch gewiss ein liebevolles Zuhause. |
Pädagogische Themen | 10 | Liebe Hilfsbereitschaft Freude bereiten schenken Bescheidenheit |
Pädagogischer Wert | 10 | Weihnachtliche Werte wie Liebe, Hilfsbereitschaft, Selbstlosigkeit und Freude über die kleinen Dinge werden hier wundervoll ohne Zeigefinger vermittelt. |
Schlüssigkeit/Logik | - | |
Kreativität | 10 |