Das Staubmaushaus

Das Staubmaushaus, Asja Bonitz, Mele Brink

„Ich lass gleich den Sauger fahren. Was dann noch auf dem Boden liegt, ist weg!“ Bedrohlich weise ich in Richtung Buntstifte, Flummis und Ü-Ei-Figuren, die trotz mehrfacher Bitte immer noch nicht aufgehoben wurden, sondern überall am Esszimmerboden verstreut liegen.

Diesmal scheinen meine Worte zu wirken, denn beide Kinder flitzen umher und sammeln mehr oder weniger gründlich ihre Sachen auf. Ich stelle derweil die Stühle auf den Tisch und hebe den Sofabezug an. Darunter kommen weitere Spielzeuge wie Autos, Bälle und Puppenkleider zum Vorschein, die beim Spielen hinuntergerutscht waren und wohl nicht weiter vermisst wurden. Seufzend hebe ich die Sachen auf und erinnere ich mich an die guten alten Standardsauger, mit denen man einfach um so einen Haufen Zeug herumsaugen konnte.

Seit wir dieses neumodische Roboterding haben, muss vor jedem Putzen gründlich aufgeräumt werden. Mit zwei Kindern und Hund ist das ein Kampf gegen Windmühlen. Doch bleibt auch nur das kleinste Stück Plastik auf dem Boden liegen, verschluckt der Saugroboter sich hundertprozentig daran.

Eigentlich sollte er mir das Leben leichter machen, dieser Saugroboter. Doch er scheint mit unserem Haushalt genauso überfordert zu sein, wie ich. Immer wieder verfährt er sich oder bleibt vor einer Wand stehen mit der Aufforderung im Display: „Bitte Weg freiräumen.“ Aber ich reiße keine Wände für ihn ein. Im Gegenteil: Ich will ihn gerne wieder loswerden. Dieses hochmoderne technisch äußerst einfallsreiche Wesen raubt mir nämlich mit seiner Anfälligkeit den letzten Nerv.

Seit wir ihn haben, mussten wir ihn schon fünfmal zur Reparatur einschicken, weil er nach wenigen Runden durch unser arg staubiges Haus die Orientierung verloren und dann einfach dichtgemacht hat. Der Staub ist einfach stärker, davon bin ich mittlerweile überzeugt. All die kleinen Flusen und Haare und Schmutzpartikel, die es sich bei uns gemütlich machen, sobald im Frühjahr die Pollen herumfliegen oder im Herbst der Ofen angestocht wird, sobald die Kinder im Sommer barfuß rein- und rauslaufen und den halben Garten mit ins Wohnzimmer bringen und sobald der Hund aufsteht, sich schüttelt und die überflüssigen Haare in alle Zimmerecken fliegen lässt – all dieser Staub verwandelt sich in bärenstarke Staubmäuse. Der Roboter steht ihnen ein ums andere Mal machtlos gegenüber.

Nun ist er wieder einmal ausgefallen, dieser Hightech-Hausfrauenfreund. Zurzeit bleibt mir nur, zehnmal am Tag zum Besen zu greifen, um dem Fellwechsel Herr zu werden. Das ist eigentlich auch nicht aufwändiger, als die Bude nach Kleinstspielzeugen abzusuchen, die sich im Saugroboter festsetzen könnten.

Einzig einen Grund gibt es, warum ich mir den Roboter zurückwünsche: Er war der einzige, der es schaffte, meine Kinder zum Aufräumen zu bewegen.

Kurzrezension

Im Staubmaushaus geht es lustig zu: Hunderte Staubmäuse leben hier. Sie flitzen durch die Räume und verstecken sich kichernd vor dem Besen, der ihnen kein Haar krümmen kann. Hier, im staubigsten aller Häuser, fühlen sie sich pudelwohl und zuhause.

Doch da taucht eines Tages ein ganz grauenhaftes, mäusefressendes Ungeheuer auf: Der katzenhaft anmutende, laut röhrende und alles in sich einsaugende M.I.A.U. 3000. Ein Mega-Staubsauger, der jedes einzelne Staubkorn frisst und sich auf die Jagd nach den Staubmäusen macht.

Die Mäuse versuchen voller Angst und Schreck, dem Sauger zu entkommen, doch es scheint, dass er sie überall erwischen kann. Da fasst die dickste aller Staubmäuse, Mo, einen tapferen Entschluss: Sie springt in das Saugrohr des M.I.A.U 3000 und verstopft es. Die Staubmäuse nutzen die Gelegenheit, und verschwinden. Doch wohin flitzen sie?

Ganz oben im Haus gibt es einen wunderbar staubigen Ort, an den nie zuvor ein Staubsauger gelangt war: Den Dachboden. Hier gibt es viel zu entdecken und viele alte, gemütliche Möbel. Mo steckt derweil im Staubsauger fest, doch zu ihrem Glück öffnet der Mensch den verstopften Sauger. Mo nutzt die Gelegenheit und entwischt. Sie entdeckt die Staubspur ihrer Familie und huscht ebenfalls auf den Dachboden. Hier leben die Staubmäuse nun fröhlich und sorgenfrei. Nur manchmal gehen sie andere Leute besuchen.

Ein herrlich witziges und niedliches Bilderbuch, dass sich hervorragend zum Vorlesen eignet. Unsere Kinder lieben es. Die Zeichnungen sind niedlich und kreativ. Mit wenigen Strichen gelingt es Mele Brink, den grauen Flusenknäueln Leben einzuhauchen und ihnen Charakter zu verleihen. Die Dramatik des allesfressenden Staubsaugers, der die friedliche Welt der kleinen Staubmäuse stört, das Tempo der Handlung und der Witz der cleveren Wollmäuse machen diesen Lesespaß zum Buch der Woche – und lassen mich mal Fünfe gerade sein lassen beim Versuch, den Staubmäusen in unserem Haus Herr zu werden.

Altersempfehlung: 3-6 Jahre
Vorlesezeit: 10 Minuten

Daten zum Buch „Das Staubmaushaus“

Titel: Das Staubmaushaus
Autor: Asja Bonitz, Mele Brink
Verlag: Edition Pastorplatz
Jahr/Auflage: 2018/1.

ISBN: 978-3943833256