Willi Wiberg spielt doch nicht mit Mädchen

Willi Wiberg spielt doch nicht mit Mädchen_Gunilla Bergström

Willi Wiberg spielt doch nicht mit Mädchen, Gunilla Bergström

„Jungs gegen Mädchen“ war eine sehr beliebte Konstellation, wenn es in der Grundschule darum ging, Fangen oder Verstecken zu spielen. Gemischte Teams und Paare waren beim Lernen und Hausaufgaben machen fast undenkbar, so erinnere ich es jedenfalls. Nun, das ist gute zwanzig Jahre her, und zum Glück hat sich seitdem einiges geändert – oder?

Kurzrezension

Willi Wiberg spielt liebend gern mit Milla. Sie ist Viktors Kusine und kann ganz viele tolle Sachen. Gerade bauen die beiden an einem Baumhaus. Es ist geheim und im Baum versteckt und Milla denkt sich immer neue Sachen für das Baumhaus aus. Eigentlich spielt Willi Wiberg sonst nicht mit Mädchen, denn die anderen Jungen sagen, dass man überhaupt nicht mit Mädchen spielen kann.

Mädchen sind blöd, sie sind feige und weinen immer. Sie sorgen sich um ihr Aussehen und spielen nur langweilige Sachen. Ja, lauter dumme Dinge sagen die Jungen über die Mädchen. Milla aber ist ganz anders, findet Willi. Sie ist sein Kumpel. Mit ihr kann er ganz tolle Sachen unternehmen. Zumindest so lange, wie keiner etwas dagegen hat.

Doch dann schreiben die anderen Jungen an die Toilettenwand „Willi spielt mit Mädchen“ und noch etwas, was Willi sehr unangenehm ist: Sie schreiben „Willi und Milla“ und malen ein Herz mit einem Pfeil dazu. Da mag Willi nicht mehr mit Milla spielen. Und fühlt sich gar nicht gut dabei. Alles ist grau und langweilig, weil er nicht mehr mit seinem Kumpel Milla spielen darf. Die baut inzwischen fleißig weiter an ihrem Baumhaus.

Und dann will Willi nicht mehr auf die anderen Jungen hören. Er will wieder mit Milla im Baumhaus spielen und pfeift auf die Jungen. Die spotten wieder: „Willi spielt mit Mädchen.“ Aber Willi meint, Milla ist doch kein Mädchen, sondern sein Kumpel. Wie genau dieser Wandel in Willi geschieht und woher sein plötzliches Selbstbewusstsein kommt, ist nicht ganz klar.

 

Dass das Buch aus den Achtzigern ist, merkt man ihm an. Die Vorurteile, welche Jungen gegenüber Mädchen haben, haben sich seitdem merklich entspannt. Dennoch – es gibt da diese Altersspanne, in der es uncool ist, wenn Jungen und Mädchen zusammen spielen. Es ist diese Phase, in der Jungen und Mädchen sich lieber aus einer gewissen Distanz heraus beobachten, übereinander reden und tuscheln und auf keinen Fall beste Freunde sind. Was aber tun, wenn man schon vorher befreundet war – soll man die Freundschaft etwa sausen lassen, nur weil die anderen sagen: „Jungen und Mädchen spielen doch nicht zusammen“?

Willi Wiberg braucht zwar ein bisschen, aber dann hat er den Mut, zu seiner Freundin Milla zu stehen. Auch wenn er dafür behaupten muss, sie sei eben kein Mädchen – jedenfalls kein typisches, das nur Mädchensachen macht.

 

Inzwischen sind wir gesellschaftlich ein paar Schritte weiter als in den achtziger Jahren. Mittlerweile sollte es wirklich nicht mehr zu Spott führen, wenn Jungen und Mädchen zusammen spielen – sogar, wenn es typische Mädchen sind, die typische „Mädchensachen“ machen. Hauptsache, die Kinder spielen frei und ohne gesellschaftliche Vorurteile und Zwänge – oder?

 

Altersempfehlung: 3-5 Jahre
Vorlesezeit: 6-7 Minuten

Daten zum Buch „Willi Wiberg spielt doch nicht mit Mädchen“

Titel: Willi Wiberg spielt doch nicht mit Mädchen
Autor: Gunilla Bergström
Verlag: Oetinger
Jahr/Auflage: 1986

ISBN: 378-9155349

Willi Wiberg spielt doch nicht mit Mädchen

TitelwahlBewertung (1-10)Begründung
Punkte gesamt9
Titelwahl10
Aufmachung8Hardcover
Das Format DinA5 ist sehr handlich, die Figur Willi Wiberg hat Wiedererkennungswert, aber optisch sind die Zeichnungen - auch wenn es Geschmackssache ist - eher simpel und wenig attraktiv. Die im Buch dargestellten anderen Jungen sehen eher wie erwachsene Männer aus.
Text/Sprache9Der Text ist sehr distanziert verfasst worden, Willi Wiberg wird oft mit Vor- und Nachnamen genannt, das baut zusätzlich Distanz auf. Für Leseanfänger sind Textlänge und Satzbau zu meistern, beim Vorlesen stört die Spanne der Aufzählung über mehrere Seiten.
Inhalt9Willi Wiberg spielt nicht mit Mädchen - außer mit Milla, denn die ist sein Kumpel. Mit ihr baut er gerade ein ganz tolles Baumhaus und Milla hat noch viele Ideen, was man dazu noch alles erfinden könnte. Aber dann spotten die anderen Jungen in der Schule über Willi und Milla, und deshalb möchte Willi nicht mehr mit Milla spielen. Das heißt, eigentlich möchte er schon. Aber er macht es nicht. Bis er es nicht ehr aushält, Milla immer allein zum Baumhaus gehen zu sehen mit lauter spannenden Dingen. Zum Glück ist Milla nicht nachtragend und Willi kann wieder mitspielen im Baumhaus. Um den Spott der anderen Jungen kümmert er sich nicht mehr.
Pädagogische Themen10Freundschaft
Genderprobleme
Vorurteile
Selbstbewusstsein
Pädagogischer Wert9Die Intention ist gut, aber eigentlich steht Willi nicht so zu seiner Freundin, wie er sollte - denn er spielt zwar am Ende wieder mit ihr, meint aber, sie sei ja auch kein Mädchen, sondern Milla. Insgesamt aber eine gute Geschichte, um Vorurteile zu hinterfragen.
Schlüssigkeit/Logik9Was wäre, wenn Milla ein "richtiges Mädchen wäre"? Bliebe die Moral der Geschichte bestehen?
Kreativität10