Prinzessinnen sind hübsch, tragen rosa Kleider und wenn ein Drache sie entführt, muss ein tapferer Prinz sie befreien. Ja, nee, is klar. In anderen Geschichten ist das vielleicht so, aber nicht in „Sieben Prinzessinnen und jede Menge Drachen“.
Kurzrezension
Sieben Geschichten für die sieben Wochentage, das ist grundsätzlich eine praktische Sache. Ob die schwedische Originalausgabe auch auf die Wirkung von Alliterationen bei der Wahl der Prinzessinnennamen setzt, ist mir nicht bekannt. Mondenschein, Dina, Mirabell, Dorinda, Freesia, Sandglöckchen und Sonnenhütchen sind jedenfalls so ungewöhnlich, wie ihre arg konstruierten Namen.
Auf dem Cover befindet sich ein großer Drache. Die sieben Prinzessinnen aus den Geschichten turnen auf seinem Rücken und seinem Schwanz herum, und der Drache hat einen leicht überrumpelten Gesichtsausdruck. Aus dieser Abbildung geht der Grundtenor der Geschichten bereits hervor:
Sieben tapfere und eigensinnige Prinzessinnen haben ihr Leben im Griff, ganz egal, ob die Drachen gut oder böse, grün oder rot, klein oder groß sind und aus dem Fernsehen, dem Internet oder der schnöden Drachenhöhle stammen.
Sieben Prinzessinnen, für jeden Wochentag eine. Und ihre mehr als sonderbaren und gänzlich ungewöhnlichen Begegnungen mit Drachen sind der Kern der sieben Geschichten. Hierbei wird das herkömmliche „Ein Drache raubt eine Prinzessin“-Bild auf den Kopf gestellt, im Kreis gedreht, zerpflückt und bunt neu zusammengepuzzelt.
Auf den ersten Blick finden sich in diesen Geschichten überhaupt keine pädagogischen Themen. Doch zählt man die Umkehr des furchterregenden Prinzessin-Drachenthemas in lustige und phantasievolle Geschichten als Aufforderung, alte Weisheiten, Lehrdoktrinen und Sprüche zu hinterfragen, stößt man sogar in jeder einzelnen Geschichte auf unerwartete Themen und Werte.
Die Montagsprinzessin lehrt den Leser, dass materiell verwöhnte Kinder nicht gleich glückliche Kinder sind und dass Schlagfertigkeit und „sich wehren“ sogar vor dem Gefressen werden schützt. Die Dienstagsprinzessin zeigt uns, dass Angst nichts mit Logik zu tun hat und dass nicht gleich etwas Schlimmes passiert, wenn man sich einmal nicht wäscht.
So werden Tag für Tag Klischees, Weltbilder und Gewohnheiten auf teils witzige, teils abstruse und vollkommen an den langen Prinzessinnenhaaren herbeigezogene Weise hinterfragt und ad absurdum geführt. Im Tagesresümee der jeweiligen Prinzessin kehrt dann der Hang zur Alliteration noch einmal zurück.
Und beim Vorlesen und Vorgelesen-bekommen befanden wir uns in dem Dilemma, nie genau sagen zu können, ob uns das alles nun gefällt, oder nicht. All diese unmöglichen Drachen und die oft so gar nicht prinzesshaften Prinzessinnen sind so verwirrend wie erheiternd wie irritierend, dass man am Ende jeder Geschichte erst einmal denkt: „Äh, ja.“
Einen Favoriten hat mein Kind trotzdem ausfindig gemacht: Die staubsaugenden Aufziehdrachen von Prinzessin Mondenschein. „So einen brauche ich auch, Mama“, meint mein Kind. Na toll, liebe Autorin und liebe Illustratorin: Dann schickt mir bitte mal den Link, über den ich so ein Spielzeug bestellen kann. Bis dahin überlege ich mir auch, ob mir die anderen sechs Geschichten nun gefallen, oder nicht.
Altersempfehlung: 4-8 Jahre
Vorlesezeit: sieben Geschichten à 3-5 Minuten
Daten zum Buch „Sieben Prinzessinnen und jede Menge Drachen“
Titel: Sieben Prinzessinnen und jede Menge Drachen
Autor: Christina Björk, Eva Eriksson
Verlag: Oetinger
Jahr/Auflage: 2013
ISBN: 978-3789177781
Sieben Prinzessinnen und jede Menge Drachen
Titelwahl | Bewertung (1-10) | Begründung |
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Punkte gesamt | 9 | |
Titelwahl | 10 | |
Aufmachung | 9 | Hardcover Format quadratisch Die Zeichnungen sind witzig und originell und muten dennoch mystisch und künstlerisch an. Das ist eine interessante Mischung. |
Text/Sprache | 9 | Der text liest sich leicht und kurzweilig, die Geschichten haben eine angenehme Länge. Die Alliterationen sind Geschmacksache. |
Inhalt | 8 | Am Montag wird die verwöhnte Prinzessin Mondenschein mehreren Drachenkindern zum Fraß vorgeworfen, doch die Drachenkinder sind mehr an Mondenscheins Spielzeug, als an einem Frühstück interessiert. Prinzessin Dina erklärt uns am Dienstag, dass Drachen toll und Eichhörnchen gruselig sind und Waschen einfach überbewertet wird. Am Mittwoch trifft der Leser auf Prinzessin Mirabell, die mit einem kleinen Drachen einen Rollentausch macht, donnerstags langweilt sich Prinzessin Dorinda, bis ein Fernsehdrache ihr einen Besuch abstattet, freitags rettet Prinzessin Freesia den kleinen Prinzenbruder aus der Drachenhöhle und am Samstag spielt Prinzessin Sandglöckchen mit Internetdrachen. Am Sonntag freundet sich Prinzessin Sonnenhütchen mit einem roten Minidrachen an und als Ausklang wird uns noch eine Episode einer prinzessinnenhaften Geburtstagsfeier serviert. |
Pädagogische Themen | 10 | Schlagfertigkeit Mut Angst Überfluss Zwang Einsamkeit Langeweile Umgang mit Medien anders sein |
Pädagogischer Wert | 7 | Durch die abstruse Art der Geschichten ist die Wertevermittlung nicht zwingend gegeben. Die Moral jeder einzelnen Geschichte ist nicht vorgegeben, doch lassen sich Themen wie vorsichtiger Umgang mit Internet und Fernsehen, Hinterfragen gängiger Erwachsenenvorstellungen und Mut zum Anderssein können aber anhand der Prinzessinnen sehr gut thematisiert werden. |
Schlüssigkeit/Logik | - | |
Kreativität | 10 |