Es gibt Tage, an denen kann ich meinem Kind nichts recht machen. Da ziepen die Haare beim Kämmen zu sehr, das Frühstück schmeckt nicht und für den Kindergarten hab ich die falsche Kleidung herausgelegt. Hätte ich doch wissen müssen, dass mein Kind heute keine braune Hose anziehen will, sondern eine grüne, und schon gar nicht die blauen Schuhe und die gestrickte Mütze, sondern die Stoffmütze und ja keinen Schal.
Und heute will mein Kind auch kein Knäckebrot und schon gar keinen Joghurt in die Brotdose bekommen. Heute will es nur Apfel. Und natürlich wird mein Kind davon kein Stück essen, denn wenn es Frühstückspause im Kindergarten gibt, hat mein Kind plötzlich Appetit auf das altbewährte Leberwurstknäcke. Aber das habe ich ja ausgerechnet heute gar nicht mitgegeben.
Normalerweise freut sich mein Kind, wenn der Papa es aus dem Kindergarten abholt. Aber nicht heute. Heute hatte mein Kind Streit mit dem besten Kumpel, heute gab es Schelte von der Erzieherin und das will mein Kind doch nicht Papa erzählen. Mir will es aber auch nichts mehr erzählen, schließlich hab ich mir nicht einmal die Mühe gemacht, es vom Kindergarten abzuholen.
Dafür hab ich mir aber die Mühe gemacht, das Leibgericht vom Kind zu kochen. Dummerweise mag der Papa die Leibgerichte seiner Kinder nicht. Und die Kinder mögen Papas Leibgericht nicht. Irgendwer guckt also immer in die Röhre. Heute eben der Papa. Und ich sowieso, denn wenn ich das kleine Geschwisterkind gefüttert und alles, was auf dem Boden gelandet ist, wieder aufgewischt habe, ist mein Essen kalt geworden. Ich kann es in die Mikrowelle stellen, aber jetzt klettert das Kind immer auf den Esstisch, also muss ich den erst abräumen, bevor alles runterfällt.
Dann wollen die Kinder eine Flasche Milch, also mach ich die zuerst. Dann wechsle ich sicherheitshalber beide Windeln und stelle die Mikrowelle erneut an. Bis mein Essen warm ist, habe ich die Kinder im Kinderzimmer sicher untergebracht. Doch als ich die erste Gabel in den Mund schiebe, bricht oben der große Zank um die Hörspiel-CDs aus. Die miese Laune hat sich inzwischen auch aufs Geschwisterkind übertragen. Sie ziehen sich an den Haaren und schreien um die Wette. Seufzend stelle ich mein Essen in den Kühlschrank, gehe Puffer spielen und hoffe, dass dieser Tag schnell vorüber geht.
Garfield hasst Montage. Der hat es gut. Wenn es immer der Montag wäre, an dem alles schiefläuft, an dem man nichts mag und an dem man grundlos wütend wird oder gereizt – das wäre einfach. Wenn es immer derselbe Tag wäre, an dem man zu anderen ungerecht ist und sich von allen ungerecht behandelt fühlt, dann könnte man seinen Jahresurlaub einfach auf so viele Montage wie möglich legen, montags Schule und Kindergarten schwänzen oder montags einfach mal im Bett bleiben und allen anderen aus dem Weg gehen.
Aber die wenigsten von uns sind Garfields. Und deshalb kommen unsere Unausstehlich-Tage aus heiterem Himmel ohne Vorankündigung und mit ordentlich Kawumms. Das geht mir so, das geht meinem Mann so, und erst recht geht es meinen Kindern so. Aber während ich das schon kenne, meinen Mann schon vorwarne und mir selbst für diesen Tag keine komplizierten Aufgaben vornehme, stehen meine Kinder solchen Tagen oft sehr rat- und hilflos gegenüber.
Wie gut, wenn man dann eine Geschichte erzählen kann. Eine Geschichte, wie die von Pauline und Mauline, den beiden Gesichtern ein und desselben Mädchens. Denn Pauline kennt sich aus. Die weiß, dass es Tage gibt, an denen sie eben Mauline ist. Das sieht sie schon morgens im Spiegel, wenn ihr die Haare zu Berge stehen. Und Pauline weiß, dass ihre Eltern und Freunde sie auch dann noch lieb haben, wenn sie eigentlich gerade unausstehlich ist.
Kurzrezension
Pauline wacht auf und weiß sofort Bescheid: Heute ist nicht ihr Tag, heute hat sie schlechte Laune. Wenn Pauline sich so fühlt, dann ist sie nicht sie selbst, findet sie. Dann ist sie eine Mauline, die nichts machen will und der niemand etwas recht machen kann: Mama nicht und ihre Freunde im Kindergarten auch nicht.
Und was sie heute auch anpackt, es geht sowieso daneben. Die Schokostreusel sind leer, ihr Freund Arne spielt schon mit jemand anderem, weil Pauline so spät im Kindergarten ankommt und beim Basteln bleiben die Blumen überall kleben, nur nicht auf Paulines Laterne.
Zum Glück hat die Erzieherin Sonja eine Idee: Wenn Pauline ihr nur beim Malen zusieht, kann nichts Schlimmes passieren. Und Sonja zeichnet Mauline. Das findet Pauline gut. Und sie malt mit Arne auch so eine Mauline. Aber gerade, als Pauline wieder fröhlicher geworden ist, holt Mama sie ab und der Tag ist wieder gelaufen. Beim Einkaufen bekommt sie nicht, was sie will, und ihre schlechte Laune überträgt sich zu allem Übel auch noch auf Mama und Papa.
Mit Mama verträgt Pauline sich schnell wieder, denn plötzlich mag sie nicht mehr Mauline sein. Nun muss nur noch Papa wieder gute Laune bekommen. Zum Glück ist der nicht nachtragend, und nach einer Tasse Kakao für jeden erkennen Pauline und ihre Eltern, dass jeder mal zu einer Mauline werden kann. Trotzdem haben alle einander lieb. Und das sagen sie sich dann auch.
Altersempfehlung: 3-8 Jahre
Vorlesezeit: 10-12 Minuten
Daten zum Buch „Pauline – Mauline“
Titel: Pauline – Mauline
Autor: Sandra Grimm, Imke Sönnichsen
Verlag: Ravensburger
Jahr/Auflage: 2007
ISBN: 978-3473323661
Pauline - Mauline
Titelwahl | Bewertung (1-10) | Begründung |
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Punkte gesamt | 10 | |
Titelwahl | 10 | |
Aufmachung | 10 | Hardcover Das Cover wurde als Wackelbild gestaltet. Hebt man das Buch leicht aus der Horizontale an, wird aus dem lächelnden Mädchen Pauline eine grimmig dreinschauende Mauline. Im Buch wird die Geschichte in anschaulichen ganzseitigen und teilweise doppelseitigen Bildern dargestellt. |
Text/Sprache | 10 | Der Text ist kindgerecht und lustig geschrieben und lässt sich gut vorlesen. Auch für Erstleser ist dieses Buch geeignet, der Text ist nicht zu lang und gut unterteilt worden. |
Inhalt | 9 | Pauline hat heute richtig miese Laune. Da kann sie gar nichts für und leider auch nichts gegen tun. Es ist einfach so, sie ist heute Mauline. Und deshalb geht heute alles schief und nichts gefällt ihr: Zuhause nicht, nicht im Kindergarten und auch nicht beim Einkauf. Und dann überträgt sich ihre schlechte Laune auch noch auf Mama und Papa. Die werden auch zu Maulinen, und das gefällt Pauline gar nicht. Zum Glück können Pauline und Mama und Papa über ihre schlechte Laune reden und vertreiben dadurch das Teufelchen Mauline wieder. |
Pädagogische Themen | 10 | Wut schlechte Laune heftige Gefühle Streit Familie Freundschaft |
Pädagogischer Wert | 10 | Pauline und Mauline zeigen dem Leser, dass jeder mal einen schlechten Tag haben kann, und dass deswegen weder eine Familie noch eine Freundschaft zerbrechen muss. |
Schlüssigkeit/Logik | 9 | Dass ein Kindergartenkind schon so reflektiert mit den eigenen Wutgefühlen umgehen kann, und dies dann den Eltern auch noch erklärt, ist eher unwahrscheinlich, ebenso die Erfindung der "zweiten Persönlichkeit". Aber das schadet der Geschichte nicht. |
Kreativität | 10 |