Lotta zieht um

Lotta zieht um_Astrid Lindgren

Lotta zieht um, Astrid Lindgren

Mit einem Bilderbuch zu einer Astrid-Lindgren-Geschichte kann man in Bücherei und Buchhandlung nichts falsch machen. Lotta aus der Krachmacherstraße wickelt Vorleser wie Zuhörer gleichermaßen schnell um den Finger, wie all die authentischen und eigensinnigen Charakterköpfe aus der Feder dieser genialen wie herzerfrischenden Autorin.

Kurzrezension

Lotta ist das jüngste von drei Geschwisterkindern, die mit ihren Eltern, den Nymans, in der Krachmacherstraße in einem schönen Haus mit Garten in grandioser Nachbarschaft zur hilfsbereiten und lieben Tante Berg wohnen. Jonas und Mia-Maria, ihre großen Geschwister, verstehen Lotta oft nicht. Und an besonders schlechten Tagen, da versteht nicht einmal Mama ihre kleine Lotta.

„Alle sind gemein zu Lotta“

Heute ist so ein Tag: Lotta wacht auf und hat ganz besonders schlechte Laune, weil sie geträumt hat, dass Jonas und Mia ihr Lieblingskuscheltier gehauen haben. Und ausgerechnet heute verlangt Mama dann noch, dass sie einen piksigen und kratzigen Strickpulli anziehen soll. Und weil Mama so gar nicht nach Lottas Willen will, wächst Lottas Wut sogar noch. Sie wird so wütend, dass sie nicht nur ihr Frühstück stehen lässt, sondern den Pulli, den die Oma ihr gestrickt hat, zerschneidet und in den Mülleimer stopft.

„Lotta zieht aus“

Nun steckt Lotta aber in einem Dilemma, denn Mama möchte sie zum einkaufen mitnehmen. Aber in Unterwäsche geht das nicht, und den Pullover kann Lotta nun nicht mehr anziehen. Also bleibt sie zuhause und während Mama einkaufen geht, beschließt Lotta, auszuziehen.

Weil Jonas ihr das Schreiben von Druckbuchstaben schon ein bisschen beigebracht hat, kann Lotta sogar eine Nachricht für Mama hinterlassen. Dann zieht Lotta aus, so wie sie ist, in Unterwäsche.

„Wohin soll Lotta ziehen?“

Aber wenn man auszieht, muss man auch irgendwo einziehen, sonst bleibt man ja draußen. Wie gut, dass es die nette Nachbarin, Tante Berg gibt. Die zieht Lotta zunächst einmal etwas an – ausgerechnet einen großen weißen Strickpulli. Aber Lotta findet das gar nicht schlimm, der Pullover kratzt und pikst überhaupt nicht. Tante Berg hat auch ein kleines Kämmerchen für Lotta übrig, und dort zieht das Kind kurzerhand ein. Sie putzt fleißig und stellt sich die alten Möbel zusammen, die sie braucht. Eine Puppe samt Puppenbett findet sich auch, und schon wird es recht gemütlich in Tante Bergs Rumpelkammer. Auch für die Mahlzeiten ist gesorgt. Tante Berg legt Essen und eine Flasche Limonade in einen Korb und Lotta zieht diesen an einem Seil hinauf in ihr Zimmer. Sie ist zufrieden mit sich und ihrem eigenen Haushalt.

„Lotta bekommt Besuch“

Am Nachmittag bekommt Lotta Besuch. Jonas und Mia-Maria wollen sich ihre neue Bleibe anschauen. Auch Mama kommt, sie bringt sogar eine Blume mit als Einzugsgeschenk. Natürlich sagt sie Lotta, dass sie traurig ist über ihren Auszug und dass Lotta jederzeit zu Nymans zurückziehen kann. Dann lässt sie die Kinder wieder allein. Die Mädchen spielen ein bisschen mit Tante Bergs alter Puppe und Jonas liest Zeitschriften, die er zwischen den alten Sachen der Nachbarin gefunden hat. Am Abend kommt Papa. Auch er sagt, dass es ihn traurig macht, wenn Lotta nicht wieder mit nach Hause kommt, aber Lotta ist sich sicher, dass sie in ihrem eigenen Haushalt bleiben will. So gehen dann alle und das kleine Mädchen bleibt allein in der Dachkammer zurück.

„Bin ich nachts so ganz allein…“

Eine Weile schaut Lotta ihren Geschwistern und Papa vom Fenster aus zu, wie sie im Garten Krocket spielen. Dann wird es dunkel und Lotta kann niemandem mehr zusehen. Sie beschließt, dass Puppe, Teddy und sie selbst nun schlafen sollten. Doch im Dunkeln so ganz allein in der Fremde fühlt sich Lotta plötzlich gar nicht mehr wohl. Sie versucht, sich durch das Lied „Bin ich nachts so ganz allein“ Mut zu machen, doch das funktioniert leider nicht. Lotta muss weinen. Zum Glück kommt da Papa die Treppe hinauf und fragt, ob sie nicht vielleicht doch wenigstens Mama zuliebe an Weihnachten zurückziehen möchte. Lotta möchte sofort nach Hause zurückziehen, und wie nicht anders zu erwarten sind alle damit einverstanden. Lotta und ihre Mama entschuldigen sich beide und verzeihen sich schnell, dass sie böse miteinander waren.

Da der Text für ein Bilderbuch recht lang ist, bietet es sich an, ihn in der vorgegebenen Kapitelunterteilung vorzulesen. Für selbst lesende Kinder ist damit ebenfalls eine Orientierung gegeben, falls sie das Lesen unterbrechen müssen. DIe Zeichnungen sind konservativ, kindgerecht und heimelig und fangen die Stimmungen gut ein.

Lotta kommt in ihrer widerspenstigen und eigensinnigen Art so authentisch und charmant daher, dass man sie einfach liebhaben und mit ihr mitfühlen muss. Ihre Wut, die sie teilweise ungerecht werden lassen, ist für Kinder wie Erwachsene nachvollziehbar. Wer kennt sie nicht, diese Tage, an denen sich einfach nichts richtig anfühlt und an denen man einfach nur weg will? Lottas Eltern lassen Lotta gewähren. Sie wissen sie gut aufgehoben im Nachbarshaus. Gleichzeitig lassen sie keinen Zweifel daran, dass sie Lotta, auch wenn sie ungerecht und böse war, lieb haben und möchten, dass sie wieder heimkehrt.

Astrid Lindgrens Geschichte von dem kleinen Mädchen, dass aus Wut und Verzweiflung von zuhause wegläuft ist eine authentische, liebevolle und humorvolle Geschichte über Gefühle und Verzeihen.

Altersempfehlung: 4-7 Jahre
Vorlesezeit: 5 Kapitel à 4-8 Minuten

Daten zum Buch „Lotta zieht um“

Titel: Lotta zieht um
Autor: Astrid Lindgren, mit Bildern von Ilon Wikland
Verlag: Oetinger
Jahr/Auflage: 2014

ISBN: 978-3789175589

Lotta zieht um

TitelwahlBewertung (1-10)Begründung
Punkte gesamt10
Titelwahl10
Aufmachung9Hardcover
DinA4
Das kräftige senfgeld des Covers zieht die Blicke an, das Titelbild spiegelt jedoch vor allem Lottas Wut zu Beginn der Geschichte. Zu dem Titel würde eine andere Momentaufnahme besser passen. Die Zeichnungen im Buch sind authentisch, heimelig und liebenvoll in konservativem Anstrich.
Text/Sprache10Der sehr lange Text wurde unterteilt in fünf Kapitel. Die Sprache ist amüsant, besonders wenn die Sichtweise des emotionalen Kindes veranschaulicht wird.
Inhalt10Lotta ist wütend. Zuerst auf ihre Geschwister, dann auf Mama und schließlich irgendwie auf sich selbst. Als sie erkennt, dass es falsch war, den ungeliebten Strickpulli von Oma zu zerschneiden, sieht sie keine andere Möglichkeit mehr, als von zuhause auszuziehen. Weit kommt sie nicht, denn Lottas Welt ist noch klein. SIe zieht kurzerhand in die Rumpelkammer auf dem Boden von Nachbarin Tante Berg. Hier richtet sie es sich gemütlich ein und ihre Familie kommt sogar zu Besuch. Doch als es Nacht wird, ist Lotta gar nicht mehr so glücklich über ihren eigenen Haushalt. Und so kehrt sie schnell heim zu ihren Eltern und versöhnt sich mit Mama.
Pädagogische Themen10Familie
Gefühlen Raum geben
Wut
Scham
Ungerechtigkeit
Hilfsbereitschaft
Pädagogischer Wert10Die fünfjährige Lotta wird von ihren Wutgefühlen überwältigt. Ihre Eltern geben ihr den Raum und die Zeit, selbst zu sich zu finden und zu erkennen, was sie falsch gemacht hat. Dabei geben sie ihr die Gewissheit, dass sie jederzeit zu ihnen zurückkommen kann. Die Hilfsbereitschaft und das Verständnis der Nachbarin wünscht man sich für jedes Kind in Not.
Schlüssigkeit/Logik10
Kreativität10