Das letzte Kindergartenjahr ist eine Zeit voller Aufregung und Veränderungen. Viele Kinder warten gespannt, mal mit ein wenig Angst, mal mit unbändiger Vorfreude darauf, endlich Schulkind zu werden. So auch Sophie, die gerade sechs Jahre alt wird.
Kurzrezension
Von ihrem Kinderzimmerfenster aus kann Sophie die Schulkinder beobachten, die Tag für Tag mit ihren bunten Ranzen zur Schule laufen. Sie will dazugehören, will auch endlich in die Schule gehen. Ihre Eltern sagen, sie wird mit sechs Jahren zur Schule kommen.
Sophie denkt nun, dass sie direkt an ihrem Geburtstag auch ihren ersten Schultag haben wird, und ist sehr enttäuscht, als die Eltern sagen, sie müsse noch bis nach den Sommerferien warten. Das dauert ihr einfach zu lange.
Mit ihrem Schulranzen, den sie zum Geburtstag bekommt, macht sie sich deshalb heimlich auf den Weg in die Schule. Erst ist alles ganz toll. Sie lernt Max aus der 1a kennen und geht einfach mit ihm in den Unterricht. Der tüddelige Lehrer hält sie für einen Neuzugang und macht ein lustiges Kennenlernspiel mit der Klasse.
Doch als es an den richtigen Unterricht geht, nimmt die fröhliche Geschichte eine beängstigende Wende: Sophie hat keine Lehrbücher oder Hefte mit und kann im Gegensatz zu den richtigen Schulkindern weder lesen noch rechnen. Und dann taucht auch noch eine alte Bekannte in der Klasse auf und Sophie droht aufzufliegen. Schnell versteckt sie sich unter dem Tisch und das fällt niemandem außer Max auf.
Als die Schulstunde zuende ist, läuft Sophie schnell raus. Den Weg zum Kindergarten zurück findet sie nicht, aber Max ist so nett und hilft ihr. Heil beim Kindergarten angekommen freut sie sich nun wieder darauf, nach den Ferien richtig in die Schule zu kommen. Die Ängste sind wieder verflogen.
Das fröhliche Cover und der vorlaute Titel lassen ein fröhliches, selbstbewusstes Schulkind erwarten. Leider ist die Geschichte an einigen Stellen so absurd und unglaubwürdig und die Erlebnisse in der Schulklasse sind so wenig fröhlich, dass einem die Laune beim Vorlesen vergeht. Die Demütigung, als Sophie merkt, was sie alles noch nicht kann und dass ihr ja noch alle Bücher fehlen und sie eben noch ein kleines Kindergartenkind ist, dass Ärger bekommen würde, wenn man sie hier entdeckt, sieht man auf vielen Seiten ihrem kleinlauten bis traurigem Gesichtsausdruck an. Wo ist das fröhliche und selbstbewusste Coverkind?
Das alles bringt weder Vorleser noch vorfreudigem Vorschulkind Spaß. Sophie reißt aus und lügt und muss sich dann eine ganze Schulstunde lang unter dem Tisch verstecken. Und nur weil hier wieder einmal ein besonders dusseliger Lehrer vorgeführt wird und ein völlig fremder Junge sich als ausgesprochen hilfsbereit erweist, kommt sie damit durch.
Die Geschichte hat mein eigenes vorfreudiges Kind nicht nur enttäuscht, sondern sogar eingeschüchtert: Sophie kann nicht lesen und rechnen und steht schön doof da in der Klasse. Mein Vorschulkind hat das sofort auf sich bezogen und sich vor einer Blamage in der Schule gefürchtet. Nein, da bleibt man doch lieber im sicheren Kindergarten – so wie Sophie.
Selten suggerieren Titel und Cover etwas so vollkommen Anderes, als die Bilderbuchgeschichte dann tatsächlich liefert. Schade. Als Buch für vorfreudige Vorschulkinder ist dieses daher nur bedingt geeignet. Zu viele unglaubwürdige Zufälle kommen hinzu: Mama bringt das Kind nicht IN den Kindergarten, sondern nur bis kurz vor die Tür. Der Lehrer stellt überhaupt keine Fragen und prüft den Neuzugang nicht nach. Er merkt nichts und die anderen Schüler verraten sie nicht und lachen nicht, weil sie die ganze Schulstunde lang unter dem Tisch hockt.
Die Zeichnungen sind ganz gut.
Altersempfehlung: 6 Jahre
Vorlesezeit: 12-15 Minuten
Daten zum Buch „Hallo Schule, jetzt komm ich!“
Titel: Hallo Schule, jetzt komm ich!
Autor: Luise Holthausen, Iris Hardt
Verlag: esslinger
Jahr/Auflage: 2009
ISBN: 978-3480225187
Hallo Schule, jetzt komm ich!
Kriterium | Bewertung (1-10) | Begründung |
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Punkte gesamt | 6 | |
Titelwahl | 5 | Der Titel ist frech und vorlaut. Sophie wird im Verlauf der Geschichte kleinlaut und ängstlich. Das passt nicht. |
Aufmachung | 9 | Die Zeichnungen sind ganz gut, das Cover macht Lust auf die Geschichte. |
Text/Sprache | 10 | Die Sprache ist angemessen und auch für Erstleser geeignet. |
Inhalt | 5 | Sophie will unbedingt in die Schule - so unbedingt, dass sie heimlich hingeht. Anfangs ist das ganz lustig, weil sie Max kennenlernt. Die anderen Schüler schüchtern sie dann aber gleich ein bisschen ein. Der Lehrer ist zwar dusselig und nicht misstrauisch, aber die Schulsekretärin, die Sophie aus der Nachbarschaft kennt, kommt plötzlich in die Klasse. Deshalb muss sich Sophie für den Rest der Stunde unterm Tisch verstecken und braucht dann nochmal Max' Hilfe, um den Weg zum Kindergarten zurückzufinden. |
Pädagogische Themen | 9 | Vorfreude älter sein wollen Mut Angst mogeln/lügen |
Pädagogischer Wert | 5 | Dieses Buch macht weder Vorfreude noch Mut, sondern schüchtert ein und enttäuscht. Schule ist nur was für "Könner", lernen wir aus der Geschichte. Kinder, bleibt lieber im Kindergarten. |
Schlüssigkeit/Logik | 6 | Es ist einfach nicht glaubwürdig, dass der Lehrer weder merkt, dass Sophie kein Schulkind ist, noch dass sie unter dem Tisch sitzt. Schon gar nicht angesichts der Zeichnungen, in der die Pulte nicht hintereinander, sondern im Halbkreis stehen und das Kind unterm Tisch deutlich zu sehen ist. |
Kreativität | 8 | Die Idee, dass ein Kind sich vor lauter Vorfreude in die Schule mogelt, ist ansich gut. Die Umsetzung aber leider lieblos und die Moral der Geschichte enttäuschend. |