Was ist damals geschehen, in Bethlehem? Was war so besonders, dass es sich die Menschen noch heute erzählen, Jahr für Jahr? Es war ein Wunder, soviel ist klar.Kurzrezension
Dieses Buch bietet eine arg verkürzte Version der biblischen Geschichte um Jesu Geburt. Sie beginnt damit, dass Maria und Josef mit dem Esel seit Tagen unterwegs sind. Weder die Ankündigung durch den Engel wird erwähnt, noch, dass hier nicht irgendeine schwangere Frau mit ihrem Mann nach Bethlehem reist, sondern dass es Gottes Sohn ist, den sie gebären wird.
Der beschwerlichen Reise nach Bethlehem und der Herbergssuche wird hier nicht viel Raum gegeben. Der Grund für die Reise, die Volkszählung, wird auch nicht wirklich erklärt. Dafür ist es dann aber natürlich eine Frau, die gutmütig ist und Maria und Josef letztlich Unterkunft in einem Stall bietet, nachdem alle Männer die beiden abgewiesen haben – manch einer sogar höhnisch lachend. Platz für ein bisschen klischeebehafteten Feminismus findet sich eben überall.
Der Besuch der drei Weisen aus dem Morgenland wird um die Gabendarbringung verkürzt, aber immerhin wird erwähnt, dass das friedenbringende Jesuskind Kern der Weihnachtsbotschaft ist, die wir uns heute noch erzählen – wenn auch für gewöhnlich etwas ausführlicher und mit zumindest einem Hauch von religiösem Gedanken.
Der Text ist nicht immer sehr stimmig. Auf der ersten Seite werden Nebensätze mit Punkt, statt mit Komma abgetrennt, das wandelt sich ab Seite zwei. Und Josef ist einerseits verzweifelt, tröstet aber Maria.
Optisch ist das Buch besser gelungen. Das Format und die dicken Pappseiten eignen sich gut, um das Buch mit den Kleinsten durchzublättern. Die Bilder sind schlicht und nicht überladen. Der Schimmer des Weihnachtssternes und des Engels werden hübsch dargestellt.
Der Titel „Ein Wunder ist geschehen“ mag Mütter freuen, denn jede Geburt ist ja irgendwie ein kleines Wunder. Dennoch vermittelt die hier erzählte Geschichte maximal ein bisschen Basiswissen, zeigt zwar einen Engel, klammert Gott, das Judentum und das Christentum aber vollständig aus. Vielleicht ist es das, was auf dem Klappentext mit „behutsam neu erzählt“ gemeint ist? Mach die Weihnachtsgeschichte mal ohne dieses religiöse Gedöns? Sollen hier Kinder künstlich vor einer befürchteten Indoktrination geschützt werden?
Wo auch immer die Motivation für diese doch sehr oberflächliche Erzählung herrührt – sie irritiert. Denn gerade die kleinsten Kinder sind sehr offen für den Zauber der Weihnacht in ihrer göttlichen Komponente. Weihnachtsbücher und Osterbücher schreiben, ohne darin vom Christentum zu erzählen, klar, kann man machen. Aber das Wunder der Geburt Jesu erzählen, ohne zu erwähnen, was die Menschen, die diese Geschichte weitertrugen, eigentlich glaubten, wer er ist – wozu?
Ob man also den Buchtext vorliest, oder lieber beim Betrachten der Bilder selbst ein bisschen erzählt, was das eigentliche Wunder an Jesu Geburt ist, bleibt also wohl besser dem Vorleser überlassen.
Altersempfehlung: 2-3 Jahre
Vorlesezeit: 2-3 Minuten
Daten zum Buch „Ein Wunder ist geschehen – Die Weihnachtsgeschichte“
Titel: Ein Wunder ist geschehen – Die Weihnachtsgeschichte
Autor: die biblische Weihnachtsgeschichte neu erzählt von Anna Taube, Illustrationen von Marlis Scharff-Kniemeyer
Verlag: Carlsen
Jahr/Auflage: 2013/1.
ISBN: 978-3551170576
Ein Wunder ist geschehen - Die Weihnachtsgeschichte
Kriterium | Bewertung (1-10) | Begründung |
---|---|---|
Punkte gesamt | 8 | |
Titelwahl | 8 | Das Wunder wird eigentlich nicht genannt, da diese Erzählung ganz bemüht ist, Gott auszuklammern. |
Aufmachung | 10 | Großes, quadratisches Pappbilderbuch mit einfachen, meist doppelseitigen Zeichnungen in stabiler Qualität. |
Text/Sprache | 9 | Der Text ist in Gegenwartsform geschrieben, das passt nicht so gut zum Kontext der althergebrachten Erzählung. Er liest sich aber leicht und ist auch für Leseanfänger geeignet. Die mit Punkten abgetrennten Nebensätze der ersten Seite irritieren. |
Inhalt | 8 | Die biblische Weihnachtsgeschichte wird hier in aller Kürze wiedergegeben: Maria und Josef gehen nach Bethlehem, Maria erwartet in Kürze ein Kind, doch in der Stadt sind alle Herbergen belegt. Sie bekommen einen Platz bei einem Ochsen im Stall. Dort wird das Kind geboren, sie geben ihm den Namen Jesus. Hirten erfahren auf dem Feld von einem Engel, dass dieses Kind etwas Besonderes ist, und laufen zum Stall, um es zu sehen. Auch drei weise Männer aus dem Morgenland kommen, weil sie den Weihnachtsstern sehen. Und alle Menschen, die das Kind im Stall gesehen haben, erzählen weiter, dass dieses Kind der Welt den Frieden bringen wird. |
Pädagogische Themen | 10 | Allgemeinbildung/religiöses Lehrthema: Geburt Christi und Grund für das heutige Weihnachtsfest |
Pädagogischer Wert | 7 | Die Geschichte wird arg verkürzt und unspektakulär wiedergegeben. Ganz nett, aber durch die Verknappung bleibt kaum ein Kern hängen. |
Schlüssigkeit/Logik | 10 | |
Kreativität | - |