Die kleine Motzkuh – Oder: Wie man die schlechte Laune verjagen kann

Die kleine Motzkuh, Annette Langen, Imke Sönnichsen

Die kleine Motzkuh – Oder: Wie man die schlechte Laune verjagen kann, Annette Langen, Imke Sönnichsen

„Motzmotzmotz. Man, kannst du deine schlechte Laune nicht an jemand anderes auslassen?“ So, oder ähnlich, habe ich es schon öfter gesagt. Und so, oder ähnlich, habe ich es auch schon oft zu hören bekommen.

Ob zum Partner oder zu Geschwistern, zu Eltern oder zu Freunden: Beinahe jeder Erwachsene war wohl schon einmal genervt von der seiner Meinung nach absolut ungerechtfertigten Motzerei seines Gegenübers.

Aaaaber: Das ist GAR NICHTS gegen einen lupenreinen, waschechten Motzanfall des eigenen Kindes. Dadurch, dass wir uns von der Welt der Kinder schon so weit entfernt haben, dass wir darin überhaupt nichts sehen, was einen mächtigen Motzanfall rechtfertigen könnte, erwischen uns diese Momente meist eiskalt und unerwartet. Denn sind es beim Erwachsenen manchmal schon Kleinigkeiten, die zum Motzen führen, wie umgekippte Apfelschorle oder übergekochter Milchreis, so erscheinen uns doch die Gründe, aus denen heraus unsere Kinder zu schimpfen beginnen, als noch viel banaler und unwichtiger: „Der Bauklötzeturm ist eingestürzt? Na und, bau ihn doch wieder auf. Der Buntstift ist abgebrochen? Nimm doch den anderen. Du kannst den Pullover nicht ausziehen? Reg dich doch deswegen nicht so auf!“

Tja, wir Erwachsenen haben da leicht reden. Aber wenn man erst einmal wütend ist, dann will die Wut auch herausgebrüllt werden. Dann will man nicht logisch sein und schon gar nicht ruhig, dann will man schimpfen. Das ist auch in Ordnung. Man darf ruhig schimpfen, wenn einem etwas nicht passt. Aber irgendwann muss es auch wieder gut sein. Irgendwann muss man sich auch wieder beruhigen und irgendwann will man auch mal wieder lachen. „Ein Tag ohne Lachen ist ein verlorener Tag“, das bemerkte ein weiser französischer Schriftsteller schon vor langer Zeit.

 

Mein Kind nach einem Motzanfall wieder zum Lächeln oder gar Lachen zu bewegen, daran ist mir sehr gelegen. Und hier kommt „Die kleine Motzkuh“ ins Spiel: Endlich haben wir jemanden gefunden, dem wir die Schuld geben können an unserer miesen Laune. Und der selbige mitnimmt, wenn wir ihn „wegschnippen“.

Es geht hier nicht darum, Gefühle von Kindern ins Lächerliche zu ziehen. Ein Kind hat das Recht, wütend oder schlecht gelaunt zu sein. Ein Kind darf ausdrücken, wenn ihm etwas nicht passt. Ich möchte meinem Kind das Motzen nicht verbieten, denn auch ich nehme mir ja das Recht heraus, zu motzen, wenn mir danach ist.

Aber statt mich von der schlechten Laune des Kindes anstecken zu lassen, kann ich versuchen, gemeinsam mit meinem Kind die Ursachen zu beheben und das miese Gefühl zu vertreiben. Und das klappt sehr gut, wenn man sich gemeinsam auf die Suche nach der kleinen Motzkuh macht. Und dann bauen wir gemeinsam den Bauklötzeturm wieder auf, ich helfe beim Ausziehen des störrischen Pullovers und wir spitzen die Buntstifte alle wieder an.

 

Kurzrezension

In dem Kinderbuch „Die kleine Motzkuh – Oder: Wie man die schlechte Laune verjagen kann“ geht es um Josefine und Justus und ihre Familie. Viele Kleinigkeiten führen immer mal wieder dazu, dass einer von ihnen motzt und motzt. Doch eines Tages bekommt Oma eine neue Lesebrille. Und damit kann sie so gut sehen, dass sie die Motzkuh entdeckt, gerade als Josefine schimpft und zetert, weil der Hund durch ihre Bilder getappt ist und ihren Becher mit dem Tuschwasser umgekippt hat.

 

Oma schaut ganz genau hin und macht eine entscheidende Beobachtung: Solange die grünblaue Motzkuh bei Josefine ist, ist Josefine schlecht gelaunt. Ist die Motzkuh wieder weg, ist Josefines Laune gleich wieder besser. Von nun an lässt Oma die Lesebrille immer auf, damit sie die kleine Motzkuh sofort entdeckt, wenn diese wieder Ärger macht.

 

Egal, ob auf der Schulter oder am Schuh, auf dem Kopf oder im Kragen: Oma entdeckt die Motzkuh bei jedem Familienmitglied. Als Vorleser ist man nun in der Pflicht, mit dem Kind nicht nur herauszufinden, warum hier gerade jemand motzt, sondern auch, wo die Motzkuh sich versteckt. Die kleine Motzkuh in den Bildern dieses Kinderbuches zu suchen und zu finden bringt ebenso Spaß, wie sich zu überlegen, wo sie sich wohl bei uns selbst versteckt hat, wenn wieder einmal einer von uns vollkommen unnötig anfängt, zu motzen.

 

Auf dem hinteren inneren Einband werden Eltern und Großeltern darauf hingewiesen, wie viel Spaß es machen kann, bei einem Motzanfall gemeinsam als Familie die kleine Motzkuh zu suchen und zu verjagen. Direkt auf Seite eins findet sich ein lustiges Motzkuh-Lied, dass bei diesem Spiel gesungen werden kann. Es wird aber in dem an die Vorleser gerichteten Epilog auch kurz das Risiko dieser Lösung angesprochen, denn: Motzen ist nicht gleich Motzen.

 

Es gibt Situationen, in denen Kinder oder Erwachsene einfach nur mit dem falschen Fuß aufgestanden sind und miese Laune haben. Dann läuft alles schief und man motzt schnell wegen Kleinigkeiten herum, was die Stimmung bei allen vermiest. Für solche Situationen ist die kleine Motzkuh eine gute Lösung, die allen Spaß macht.

 

Die Motzkuh ist aber kein Allheilmittel. Zu erkennen, warum ein Kind gerade mies gelaunt ist, bleibt die Aufgabe der Eltern, aller Bücher und Spiele zum Trotz: Manchmal brauchen Kinder in einem Motz- oder Wutanfall vor allen Dingen Trost und Liebe.

 

„Die kleine Motzkuh“ ist daher ein lustiges Kinderbuch, dessen pädagogischer Wert stark von dem Einsatz der jeweiligen Eltern und Erzieher abhängt. Denn an ihnen liegt es, zu erkennen, ob sich hinter dem Motzen eines Kindes nur „die kleine Motzkuh“ oder aber ein größeres Problem verbirgt.

Altersempfehlung: 4-8 Jahre
Vorlesezeit: 5-8 Minuten

Daten zum Buch „Die kleine Motzkuh – Oder: Wie man die schlechte Laune verjagen kann“

Titel: Die kleine Motzkuh – Oder: Wie man die schlechte Laune verjagen kann
Autor: Annette Langen, Imke Sönnichsen
Verlag: Coppenrath
Jahr/Auflage: 2000

ISBN: 978-3815720004

Die kleine Motzkuh

TitelwahlBewertung (1-10)Begründung
Punkte gesamt10
Titelwahl10
Aufmachung10Hardcover
DIN A4
Die Zeichnungen sind ausgesprochen kindgerecht und lustig, doppelseitige Bilder wechseln sich ab mit kleineren, szenischen Darstellungen.
Die beiliegende Fingerpuppe bietet die Möglichkeit, aus dem Verjagen der Motzkuh ein Spiel zu machen.
Text/Sprache9Der Text ist gut zu lesen und auch dank der großen Druckbuchstaben und der kurzen Abschnitte für Leseanfänger geeignet. Allerdings ist er zuweilen zu kurz, sodass man zumindest für die kleineren Kinder die Motzsituationen, die in den Bildern dargestellt werden, selbst erklären und besprechen muss. Die Fragen formuliert man besser um, zum Beispiel wird aus "Was so eine Motzkuh macht, willst du wissen?" die Frage: "Willst du wissen, was so eine Motzkuh macht?" So ist die Frage direkter und greifbarer für die kleinen Zuhörer und wird sofort mit einem begeisterten "Ja" beantwortet.
Inhalt10Wer hätte gedacht, dass es einen Schuldigen gibt für die Motzanfälle von groß und klein? Die kleine Motzkug, grün mit blauen Flecken, hat sich bei Justus und Josefine eingeschlichen, immer, wenn sie zum Friseur müssen oder aus der Badewanne heraus, oder wenn etwas schiefgeht und sie beim Spiel verlieren. Oma hat die Motzkuh dank ihrer neuen Lesebrille entdeckt und endlich können Josefine und Justus selbst etwas gegen ihre schlechte Laune tun: Sie müssen einfach nur die kleine Motzkuh suchen und verjagen. Das klappt auch bei Papa, wenn der Krawattenknoten nicht sitzt, oder bei Mama, wenn der Computer abstürzt. Denn motzen ist keine Erfindung der Kinder, motzen können alle gut.
Pädagogische Themen10schlechte Laune
Wutanfälle
spielerischer Umgang mit schwierigen Situationen
Pädagogischer Wert9Das Buch kann einen Spaßfaktor vermitteln in Situationen, in denen einfache schlechte Laune uns den Tag vermiest. Man muss jedoch aufpassen, dass man die Motzkuh dosiert anwendet und nicht vergisst, sein Kind ernst zu nehmen, wenn es ein für das Kind ernstes Problem hat, das sich nicht weglachen lässt. Positiv sticht heraus, dass betont wird, dass auch Erwachsene oft unbegründet oder wegen Kleinigkeiten herummotzen. Auch Mama und Papa von der Motzkuh zu befreien ist eine gesunde Einstellung zur Gleichberechtigung von Eltern und Kindern.
Schlüssigkeit/Logik-
Kreativität10