„Mama, wieso haben wir keine Krippe?“ Wahrlich empört sah mein Kind von dem Buch auf, das ich ihr gerade vorlas, und konnte es wirklich gar nicht fassen, dass wir bislang ohne Stall samt heiliger Familie ausgekommen sein sollten.
Es war in der Vorweihnachtszeit. Neben all den bunten fröhlichen und melancholischen, simplen wie ausführlichen Weihnachtsgeschichten, die uns so in dieser Zeit in die Hände fielen, durfte eine Weihnachtsgeschichte von Conni natürlich nicht fehlen.
Und da Conni immer alles macht, was man eben so macht in einer deutschen Durchschnittsfamilie, baute sie in der Vorweihnachtszeit die Krippe auf. Und da stand ich nun und musste einsehen, dass wir weit weit weg vom einzig akzeptablen Durchschnittsbürgertum waren. Denn wir hatten überhaupt gar keine Krippe.
Opa hatte eine Krippe, eine ganz alte, fein geschnitzte mit wunderschönen Figuren und ganz ganz vielen Schafen. Seit er verwitwet war, baute er sie allerdings gar nicht mehr auf. Überhaupt war ihm diese ganze Weihnachtsdekorationssache nicht mehr wichtig, seit er alleine lebte. Wenn seine Kinder meinten, er bräuchte einen Adventskranz, dann bastelten sie einen und er zündete dann auch tatsächlich brav die Kerzen fristgerecht an. Und wenn seine Kinder wollten, dass er einen Weihnachtsbaum kaufte, dann machte er auch dies und ließ es sich gefallen, dass die Kinder und Enkel diesen Baum schmückten, auch wenn ihm davor graute, im Januar dann alles wieder abschmücken und die Nadeln auffegen zu müssen.
Dieses Jahr, nur wenige Tage vor Weihnachten, entschieden die Kinder, dass Opa seine Krippe aufstellen sollte. Und dieses Jahr durfte die Enkelin dies tun. Sie war begeistert. Mit allergrößter Vorsicht und unter Berücksichtigung der Empfindlichkeit der filigranen Schnitzereien half ich ihr dabei, Maria und Josef zu identifizieren und in den Stall zu ihrem Kind zu setzen, während die Hirten auf ihre Plätze rundherum verwiesen wurden und der Engel nach Montage des zweiten Flügels seine erhöhte Position einnehmen durfte.
Aber was war mit den Königen? Eigentlich sollten diese ja erst am 06. Januar hinzukommen. Doch da wären wir längst schon nicht mehr beim Opa zu Besuch. Und der Opa würde die Könige sicher im Karton lassen. Also beschlossen wir, dass die Könige sich schon einmal auf den Weg machen und am anderen Ende des Sideboards aufgestellt könnten.
Aber irgendwie gefiel meinem Kind diese Variante nicht. Sobald ich wegsah, stellte sie die Könige samt Kamel in den Stall. Und weil es dort nun zu eng wurde, bugsierte sie Josef, den sie ohnehin für einen Hirten hielt, hinaus. Als ich es sah, rügte ich die Verkehrung der Chronologie und stellte die Könige wieder in die Walachei, aus der sie ihren langen und beschwerlichen Weg schließlich erst noch zu gehen hatten, bevor sie dann im neuen Jahr das Jesuskind bejubeln dürften.
Doch in dieser Hinsicht war mein Kind etwas stur. Kaum hatte ich den Raum verlassen, waren die Könige mit Siebenmeilenstiefeln schon wieder beim Stall angelangt. Nach dreimaligem Hin- und Herstellen der Krippenfiguren gab ich auf und legte das katholische mit dem orthodoxen Weihnachtsfest zusammen.
Die Begeisterung meines Kindes über Opas Krippe aber verstärkte nun das Entsetzen darüber, dass wir selbst gar keine Krippe hatten. Und so tat mein Mann, was getan werden musste: Er rief seine Mutter an. Die hatte nämlich auf dem Dachboden noch eine ausrangierte Krippe von der Uroma stehen. Zwar nicht aus Holz geschnitzt und auch nicht mehr ganz heil, aber dafür mit vier Königen. Für den Anfang und zur Beseitigung unseres offensichtlichen Mangels war dies doch ganz tauglich.
Gleich nach Weihnachten brachte die Oma die Krippe mit. Ein bisschen Klebstoff hier und da und eine Hüftoperation beim vierten Schaf, und schon standen pünktlich zum Dreikönigstag auch unter unserem Baum Stall samt Heiliger Familie und Hirtenschar. Mein Kind war zufrieden. Nun konnte sie mit Conni mithalten und das Buch konnte ganz ohne Empörungspausen vorgelesen werden.
Kurzrezension
Conni freut sich auf Weihnachten. Als sie die ersten Weihnachtssüßigkeiten im Geschäft entdeckt, will sie gleich loslegen mit den Vorbereitungen für das Fest. Dabei gehen einige Weihnachtsbaumkugeln kaputt. Deshalb nutzt Conni die Herbstferien, um neuen Weihnachtsbaumschmuck und auch gleich zwei Adventskalender für Mama und Papa zu basteln.
Endlich ist Advent. Der Adventskranz wird aufgestellt und das erste Licht entzündet. Conni und Jakob freuen sich über ihre Adventskalender ebenso, wie die Eltern. Der Nikolaus füllt die blank geptzten Stiefel bis an den Rand und auf dem Weihnachtsmarkt sieht Conni sogar den Weihnachtsmann.
Aber ob es auch der echte ist? Conni hat Zweifel, denn ein Schuljunge hat behauptet, dass es den Weihnachtsmann gar nicht gibt. Conni erzählt dem Weihnachtsmann von ihrem heimlichen größten Wunsch: Sie möchte einen eigenen Fotoapparat haben. Mama verrät sie diesen Wunsch nicht.
Schließlich rückt Weihnachten immer näher. Conni und Papa holen einen Baum und schmücken ihn gemeinsam. Am Heiligabend gehen sie alle in die Kirche und schauen Connis Freundin Anna beim Krippenspiel zu. Als sie nach Hause kommen, liegen die Geschenke schon unter dem Baum. Conni hat den Weihnachtsmann verpasst, so ein Ärger. Und sie ist auch etwas enttäuscht, denn als sie alles ausgepackt hat, muss sie feststellen, dass der Fotoapparat nicht dabei ist. Gibt es am Ende etwa gar keinen Weihnachtsmann?
Doch zum Glück klingelt es da an der Tür: Der Weihnachtsmann hat nur vergessen, das wichtigste Päckchen dazulassen. Nun ist Conni glücklich und zufrieden.
Diese Conni-Geschichte deckt alles ab, was zu einer Standardvorweihnachtszeit gehört, wenn man mal das Christkind außen vor lässt. Sogar ein Kirchgang wird erwähnt, der oft selbst bei wenig oder gar nicht religiösen Familien ins Weihnachtsfest integriert wird. Somit bietet Conni die ganze Bandbreite an Wiedererkennungswert und Identifikationsmöglichkeiten und jedes Kind kann sich mit Conni auf und an Weihnachten freuen – und sogar auch nach den Feiertagen wird diese Geschichte hier immer wieder gerne gehört, denn sie liefert schließlich den Beweis: Es gibt ihn, den Weihnachtsmann.
Altersempfehlung: 3-6 Jahre
Vorlesezeit: 15-20 Minuten
Daten zum Buch „Conni feiert Weihnachten“
Titel: Conni feiert Weihnachten
Autor: Liane Schneider, Eva Wenzel-Bürger
Verlag: Carlsen
Jahr/Auflage: 2003
ISBN: 978-3551515834
Conni feiert Weihnachten
Kriterium | Bewertung (1-10) | Begründung |
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Punkte gesamt | 10 | |
Titelwahl | 10 | |
Aufmachung | 10 | Hardcover DinA4 vertraute Figuren und weihnachtliche Szenen stimmen auf die feierliche Zeit ein |
Text/Sprache | 10 | Die Conni-Bilderbücher haben eine gute Länge und eignen sich von Sprache und Schriftbild her sehr gut zum Vorlesen wie auch für Leseanfänger |
Inhalt | 10 | Conni bereitet sich sehr gut auf das Weihnachtsfest vor: Sie bastelt Adventskalender und Baumschmuck, putzt die Stiefel für den Nikolaus und stellt die Krippe auf. Auf dem Weihnachtsmarkt trifft sie den Weihnachtsmann und verrät ihm ihren größten Wunsch. Mit Papa kauft sie einen Weihnachtsbaum und schmückt ihn. Am Heiligen Abend geht sie mit der Familie in die Kirche und abends bei der Bescherung ist sie etwas enttäuscht, weil ihr größter Wunsch nicht erfüllt wurde. Doch zum Glück hat der Weihnachtsmann es nur vergessen und liefert das Geschenk nach. |
Pädagogische Themen | 10 | Familie Weihnachten Vorfreude Wünsche Enttäuschung |
Pädagogischer Wert | 10 | Diese Conni-Geschichte bietet allen Gefühlen und Erlebnissen einer Standard-Weihnachtszeit in diesem Land Raum. Vorfreude, Aufregung, Feierlichkeit, Freude und Enttäuschung, Zweifel an der Existenz des Weihnachtsmannes und familiäres Beisammensein. |
Schlüssigkeit/Logik | 10 | |
Kreativität | 9 | Die Geschichte ist unspektakulär und spiegelt die gängigen Weihnachtstraditionen einer deutschen Durchschnittsfamilie. |