Die Reihe „Teufelskicker Junior“ soll die Fußballbegeisterung der Leseanfänger aufgreifen, für die die bereits verfilmte und vertonte erfolgreiche Serie „Teufelskicker“ noch zu umfangreich ist. Die „Teufelskicker“, das sind die Kinder vom Verein Blau-Gelb: Niko, Alex, Mehmet und Catrina – ja, genau. Ein Mädchen. Denn bei Blau-Gelb werden Mannschaften nicht nach Geschlechtern zusammengestellt.
Kurzrezension
Das klingt erst einmal sehr modern und tolerant. Und dann geht die Geschichte los und benutzt ein Klischee nach dem anderen: Strenge Lehrerinnen, streberhafte Mitschülerinnen (natürlich mit Brille) und ein doofer Junge aus dem gegnerischen Team. Als erwachsener Vorleser gähnt man hier schon, aber das Buch ist ja für Sechsjährige, okay, also weiter.
Es folgt das nächste Klischee: Im Kindergarten sind Jungs noch ganz selbstverständlich mit Mädchen befreundet, so wie Mehmets kleiner Bruder Enes. In der Schule ist das ein No-Go. Niko findet es deshalb ganz schrecklich peinlich, sich neben ein Mädchen setzen zu müssen, bloß weil er im Unterricht mit Alex über das bevorstehende Fußballspiel geschwätzt hat. – Ach ja, genau, darum geht es ja eigentlich bei den Teufelskickern:
Blau-Gelb spielt gegen den VfB, und zwar in dem tollen Stadion vom VfB. Dort spielt Mark, ein fürchterlicher Angeber aus Nikos Klasse, der ihn nun auch noch hänselt, weil er neben Rebekka sitzen muss. Zum Glück halten die Teufelskicker von Blau-Gelb immer zusammen, egal, ob sie in der Schule unter der neuen Sitzordnung leiden, oder beim entscheidenden Spiel erst einmal in Rückstand geraten.
Niko will eigentlich Bundesligaprofi werden. Aber wie soll das gehen, wenn er schon jetzt den Ball am leeren Tor vorbeizieht? Aus Frust und Hilflosigkeit grätscht er Mark schließlich um. Doch dann hält Tormann Mehmet den gerechtfertigten Elfmeter und die Blau-Gelben wittern die Chance, zurückzukommen ins Spiel. Alex schießt ein Tor und Niko schließlich auch noch, und am Ende siegt – na klar, die beste Mannschaft der Welt.
Der Zufall will es, dass Mehmet am nächsten Tag seinen kleinen Bruder, den Mädchenfreund, mitnehmen muss in die Schule. Und da die Streberin Rebekka sich gerne um den Kleinen kümmern möchte, darf Niko sich wieder neben seinen Kumpel Alex setzen. Und Mark, der doofe Angeber, ist wegen dem verlorenen Spiel ganz kleinlaut und spottet nicht mehr über das vermeintliche „Liebespaar“. Und weil es sonst keiner tut, muss der kluge kleine Enes am Ende noch eine Lanze für die Streberin brechen und behaupten, dass die total nett ist. Man stelle sich vor: Ein Mädchen – nett!
Uiuiui, was soll man dazu sagen: Okay, flott geschrieben ist die Geschichte. Unterteilt in kurze, knappe Kapitel ist das Buch leicht zu bewältigen für Leseanfänger. Wenn diese dann auch noch Spaß an flotten Fußballersprüchen haben und „Weichei“, „Grätsche“, „Idiot“, „Einschläge in den Kasten“ und „jemanden plattmachen“ ohnehin zu ihrem Wortschatz gehören, dann, bitte, sind die Teufelskicker Junior bestimmt ein toller Spaß.
Wenn Kinder aber dazu neigen, sich Gedanken zu machen, Probleme zu wälzen und Worte wie „Streberin“, „Angeber“ und „strengste Lehrerin der Schule“ zu ernst nehmen, dann bewahrt man Schul- und Leseanfänger lieber vor diesem sämtliche Klischees bedienenden Text.
Vielleicht müssen Fußballbücher so sein: Die Teufelskicker leben mit Verboten, Strafen und Machtkämpfen. Sie tragen ihre Streitereien sowohl auf dem Schulhof, als auch auf dem Fußballplatz aus, und immer nur eine Seite erhält die Sympathien der Leser. Natürlich gibt es viele Kinder, die so aufwachsen, die es so erleben und bei denen klare Feindbilder und angedrohte Strafen zum Alltag gehören. Und natürlich kenne auch ich diese vorpubertäre „Ihh, ein Junge – ihhh, ein Mädchen“-Grundschulphase. Aber dieses Buch ist nicht aus den Achtzigern, sondern von 2013. MAn könnte es nutzen, um gegen Rollenklischees anzutreten. Eine Catrina ist zum Glück keine Ausnahme mehr.
Das verständnisvolle Anführen vermeintlich typischer Grundschulkindprobleme wie strenge Lehrerin, strebsame Mädchen und Angeberjunge kommt zudem schon fast anbiedernd daher. Und dann auch noch der Klugschnacker Enes am Ende, der den älteren Kindern erklärt, dass Mädchen gar nicht schlimm sind, puh.
Auch wenn im Kindergarten meiner Großen auch schon Jungs- und Mädchenbanden gegründet wurden, die sich gegenseitig necken, würde ich mein Kind nicht so gerne zu Schulbeginn dieses typische Klischeeszenario der Teufelskicker vorlesen wollen. Sie hat echt viele Jungs im Freundeskreis, die gerne Teil der „Mädchenbande“ sind. Und das darf auch gerne so bleiben, ob mit oder ohne Fußball.
Altersempfehlung: 5-7 Jahre
(Vor-)Lesezeit: 11 Kapitel à 2-3 Minuten
Daten zum Buch „Teufelskicker Junior – Ein starkes Team“
Titel: Teufelskicker Junior – Ein starkes Team
Autor: Frauke Nahrgang
Verlag: CBJ
Jahr/Auflage: Genehmigte Sonderausgabe für Mc Donalds 2013 / 1.
Teufelskicker Junior - Ein starkes Team
Titelwahl | Bewertung (1-10) | Begründung |
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Punkte gesamt | 8 | |
Titelwahl | 10 | |
Aufmachung | 10 | gebunden bunte, fröhliche Zeichnungen, Aktivität, Energie und Lebensfreude ausstrahlende Figuren, Bilder, die Lust auf Fußball machen |
Text/Sprache | 9 | Der Text ist für Leseanfänger gut zu bewältigen, die Sätze sind knackig und kurz, das Schriftbild besteht aus Druckbuchstaben in angenehmer Größe, die Unterteilung in kurze Kapitel leitet an zu kurzen Lesepausen. Derbe Ausdrücke wie Idiot und Weichei kann man sich bei Lesern dieser Altersgruppe aber gerade als ehemalige Pädagogin gerne sparen, Authentizität ist nicht alles. |
Inhalt | 8 | Die Geschichte ist etwas vorhersehbar und nicht besonders tiefsinnig. Fußballspielende Freunde sind aufgeregt, weil ein wichtiges Spiel gegen die Angeber vom gegnerischen Verein ansteht. In der Schule haben sie klischeebehaftete Genderprobleme und strenge Lehrerinnen und auf dem Bolzplatz liegen sie erst zurück, doch dann kämpfen sie und sind am Ende die siegreichen Helden. Pluspunkt ist die rasante Handlung, hier liegt die Würze in der Kürze. |
Pädagogische Themen | 9 | Schule Freundschaft Teamgeist Scham scheitern siegen Genderfragen |
Pädagogischer Wert | 7 | Leider werden hier Genderklischees, Schulklischees und Fußballklischees bedient. |
Schlüssigkeit/Logik | 9 | Warum ein Zweitklässler ein Kindergartenkind offenbar selbständig zum Kindergarten bringt und wieder abholt und dabei wichtige Post für die Eltern vergessen kann, aber nicht beim Feststellen des Problems selbige Eltern mal eben anrufen kann, damit die Betreuung geklärt wird, erschließ sich nicht ganz. |
Kreativität | 9 | Vier Kinder, darunter ein Mädchen und ein Kind, dessen Name auf Migrationshintergrund hinweist - das klingt ein bisschen nach Quote bei der Zusammenstellung der Protagonisten. Auch die Handlung - erst zurückliegen im Spiel und am Ende die Angeber schlagen - ist nicht besonders originell. |