Trojan – Eine dunkle Prophezeiung

Trojan – Eine dunkle Prophezeiung, Christina Degenhardt

Düster und mystisch blickt uns hier ein Cover entgegen, das einen einsamen Reiter auf einer Lichtung zeigt, im Hintergrund eine Festung und über ihm der volle Mond. Wer ist dieser Reiter, was ist seine Geschichte? Schlagen wir das Buch auf und tauchen wir auf über vierhundert Seiten ein in Trojans Welt.

Kurzrezension

Ein einfacher Junge aus einem einfachen Dorf wird zum Schicksal der ganzen Welt, als ihm eine dem Tod geweihte fremde Frau ihr Baby übergibt mit der Bitte, es nach Heflon, dem Sitz des Ältestenrates, zu bringen. Trojan, nicht mehr Kind und auch noch kein Mann, nimmt diesen Auftrag ohne großes Zögern an, nicht ahnend, wie oft er das Kind mit seinem Leben wird verteidigen müssen, und nicht wissend, warum ausgerechnet er überhaupt eine Chance haben sollte, diese Aufgabe zu erfüllen.

Der mächtige und böse Lord Hurrvan schickt seine Soldaten durch das gespaltene Reich. Er will es unter seiner Macht vereinen, will Herrscher über alle werden. Die Prophezeiung, dass ein kleines Kind ihm diese Herrschaft ermöglichen aber auch verderben könnte, treibt ihn an, tausende Menschen in den Tod zu schicken auf der Jagd nach dem Baby Lilliana.

Doch Trojan, der zwar mehr der Heilkraft der Natur als der Kraft des Schwertes zugewandt ist, nimmt seine Aufgabe Tag für Tag mehr an. Zwischen ihm und dem Kind wächst eine Bindung, die ihm die Kraft und den Willen verleiht, seinen Weg auch nach schweren Kämpfen fortzusetzen. Überall lauern Gefahren, Verräter und feindliche Soldaten. Nur schwer kann er Vertrauen fassen zu den Menschen, die ihn unterstützen und ihm wertvolle Hilfe und Begleitung auf seiner langen, gefahrvollen Reise werden sollen.

Die Begegnung mit Ninjada, der Enkelin einer skurrilen Hexe, verändert sein Leben nachhaltig. Sie schult ihn im Kampf und begleitet ihn auf Geheiß der Hexe, zunächst widerwillig. Doch die durchlebten Kämpfe und Gefahren schweißen die Freunde eng zusammen. Nach und nach nehmen Trojan und Ninjada die Prophezeiung, dass Lilliana die Welt retten kann, immer ernster und verstehen Trojans Aufgabe besser.

Neben ihren persönlichen magischen Gaben tragen sie auch Zaubermittel der Hexe mit sich, die sich auf der Flucht vor Hurrvans Soldaten als ebenso nützlich herausstellen, wie im Kampf. Eine Wolfswelpe und ein junger Heflon-Schüler namens Meaton schließen sich ihnen an. Immer wieder geraten die Freunde in einen Hinterhalt und sogar in Gefangenschaft. Doch ihr Mut, die Magie, List und schließlich auch die verheißenen Kräfte der kleinen Lilliana helfen ihnen, ihrem Ziel immer näher zu kommen.

In einer bedeutenden Schlacht wird Meaton unerwartet zum Hauptmann eines Heeres. Er nimmt diese neue Aufgabe an und trennt sich von Trojan und Ninjada, die mit Lilliana und dem Wolf auf Umwegen versuchen, den Soldaten zu entkommen. Doch in Heflon erwartet sie der vorhergesagte große Krieg um ihre Welt.

 

Um die spannenden Wendungen und den Verlauf der Geschichte nicht zu sehr zu verraten, endet hier die inhaltliche Wiedergabe. Der Einstieg in den Roman erweist sich trotz vieler Ereignisse als etwas schleppend. Die ungewohnten Namen, die vielen geographischen Bezeichnungen, die man immer wieder in der zu Beginn des Romans abgebildeten Landkarte einzuordnen versucht, und die teilweise doch sehr heldenhafte und überirdische Kraft gepaart mit dem Glück des Zufalls brauchen ihre Zeit, um beim Leser anzukommen.

Dann aber schafft es die Autorin, den Leser zu entführen in eine Welt der Magie. Die Figuren gewinnen immer mehr an Gestalt. Vorbestimmung und die Möglichkeit, das Schicksal selbst mitzubestimmen geben sich die Hand. Fast unbemerkt entwickelt die Liebe ihre unterschiedlichsten Kräfte und Bindungen zwischen den Figuren, und auch Trojans immer wiederkehrender Traum gewinnt an Gestalt. Vertrauen und Misstrauen gegenüber jedem neu auftauchenden Gesicht teilt der Leser mit Trojan und jeder Einsatz einer magischen Kraft wird nicht nur von den kämpfenden Freunden herbeigesehnt. Aus den überaus brutalen Kampfszenen wird der Leser immer wieder herausgerissen, um die sehr ausdrucksstark und bildreich beschriebenen Sinneseindrücke der jungen Menschen aufzunehmen.

Na gut, als Mutter kommt man nicht umhin, milde zu lächeln bei der Vorstellung, dass ein Baby auf einer solchen Reise nur hin und wieder einmal zappelt oder weint. Und wie man ohne Wegwerfwindeln oder Waschmöglichkeiten gewisse Streckenabschnitte wundlos überwinden soll, ist für erwachsene Leser schwer vorzustellen. Blendet man solche biologischen Gegebenheiten wie auch die vielen Verletzungen der jugendlichen Helden aus, die, gerade noch am Boden, nur wenige Momente später wieder eine Überzahl von Soldaten bezwingen, behält man das Ziel der Reise im Auge: Den Sieg des Guten über das Böse und die vor allem vom umschuldigen Kind ausgehende Liebe, die imstande ist, die Welt zu retten.

 

Viele der Motive, die Degenhardt benutzt, kommen dem Leser wahrscheinlich bekannt vor: Ein Baby als Retter der Welt? Ein auserkorener, unerfahrener Jüngling, der einen Schatz an einen bestimmten Ort bringen muss, unterwegs viele Kämpfe durchlebt und vertrauenswürdige Gefährten um sich sammeln kann? Ein Mädchen, das Kleidern nichts abgewinnen kann und lieber selbst handelt und kämpft?

Ja, es lässt sich nicht leugnen, dass hier viele große literarische Motive einfließen. Ein bisschen Herodes, ein bisschen Frodo, ein bisschen Mulan und Fantaghirò – aber auch ganz viel Phantasie, Kreativität, Mut und Leidenschaft lassen hier eine spannende Geschichte ihren immer rasanter werdenden Lauf nehmen.

Ein paar Zeichnungen und Abbildungen, vor allem detailliertere Landkarten würden sicher helfen, den Leser noch tiefer in die Welt Trojans mitzunehmen und den Reiseverlauf zu verstehen. Die gesonderte website trojan-prophezeiung.de lädt ein, sich die Karte des geteilten Reiches genauer anzusehen und das Wiegenlied anzuhören, durch dass das Kind der Prophezeiung immer wieder beruhigend in den Schlaf gesungen wird. Interessant wäre, ob Sequels geplant sind, denn die teilweise nur kurz angerissenen Nebendarsteller besitzen durchaus Potenzial für eine genauere Betrachtung ihrer eigenen Geschichte.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Die Autorin schafft es, mit „Trojan – Eine dunkle Prophezeiung“ eine eigene magische Welt zu erschaffen, die junge, fantasybegeisterte Leser regelrecht in ihren Bann ziehen kann.

Altersempfehlung: ab 12 Jahren
Lesezeit/Volumen: 443 Seiten

Daten zum Buch „Trojan – Eine dunkle Prophezeiung“

Titel: Trojan – Eine dunkle Prophezeiung
Autor: Christina Degenhardt
Verlag: BoD
Jahr/Auflage: 2015

ISBN: 978-3734793684

Trojan - Eine dunkle Prophezeiung

KriteriumBewertung (1-10)Begründung
Punkte gesamt10
Titelwahl10
Aufmachung9gebunden
hochwertiger Einband
Das Coverbild nimmt den Leser direkt mit in die düstere Welt der mittelalterlich und mystisch anmutenden Erzählung. Leider enthält das Buch nur eine kleine Landkarte und keine weiteren Zeichnungen.
Text/Sprache9Der Text ist sehr lang und es wird zunächst viel mit Rückblicken, Schilderungen von Gefühlen sowie mit offenen Fragen gearbeitet. Nach einigen Kapiteln nimmt die Erzählung aber Fahrt auf und wird mitreißend und spannend. Die Kapiteltitel nehmen leider manchmal die Ereignisse vorweg, was die Spannung wieder mindert.
Inhalt10Ein Junge namens Trojan muss ein Baby zum Ältestenrat bringen, um eine dunkle Prophezeiung zum Guten zu wenden. Viele Kämpfe, Gefahren und Hinterhalte lauern auf ihn, doch mithilfe neuer Freunde und Gefährten bewältigt er die übermenschliche Aufgabe, die ihm übertragen wurde.
Pädagogische Themen10Hilfsbereitschaft
Mut
Vertrauen
Freundschaft
Glaube
Liebe
Gut und Böse
Pädagogischer Wert10Trojan und seine Freunde durchleben alle denkbaren Gefühle junger Menschen, die nicht nur in Ausnahmesituationen auftreten, sondern den Alltag eines Heranwachsenden auf dem Weg zum Erwachsenwerden betreffen: Angst, zu scheitern, Mut, das Unmögliche zu versuchen, die Erfahrung, nicht jedem vertrauen zu können, aber ohne Vertrauen allein dazustehen, und last but not least die große Liebe zu erkennen und zuzulassen.
Schlüssigkeit/Logik-
Kreativität9Ein paar Anlehnungen an bekannte Erzählungen sorgen für einen Punkt Abzug, wenn auch die Konstruktion einer eigenen Weltgeschichte und magischer Möglichkeiten dadurch nicht weniger umfangreich und kreativ ist.