Der kleine Vampir verliert seine Zähne

Der kleine Vampir verliert seine Zähne, Giuliano Ferri

Immer wieder steht mein Schulkind verzweifelt vor dem Spiegel und rüttelt an seinem Schneidezahn. Doch da tut sich nichts. Er wackelt einfach nicht. Dabei gehört es doch dazu, wenn man zur Schule kommt, dass man seine Milchzähne verliert. Und vor allem, dass die Zahnfee einem ein Geschenk bringt.

Die ellenlange Wunschliste, die sich seit gut zwei Jahren im Kopf meiner Erstklässlerin stetig erweitert hat, ist ein mächtiges Päckchen für so eine zarte kleine Fee. Aber nicht nur wegen der Hoffnung auf ein Geschenk scheint es für mein Kind kaum auszuhalten, weiter auf den ersten Wackelzahn zu warten.

Bei all ihren Freunden klaffen schon die Lücken und drängen blitzend weiß niegelnagelneue Zähne aus dem Kiefer hervor. Es gehört doch einfach dazu, dass die Milchzähne ausfallen, und dazugehören – wer will das nicht?

„Jedes Kind ist anders“, wiederholen wir mantraartig, und behaupten zuweilen „Je später sie kommen, desto länger bleiben die neuen Zähne dann auch“. Aber wir müssen zugeben: Dass es bei ihr noch nicht einmal ein kleines bisschen wackelt, ist schon ungewöhnlich. Wie ungewohnt wird es dann erst sein, sich doch irgendwann mit der Lücke im Lächeln im Spiegel zu sehen.

Wann diese einschneidende Veränderung im Leben unseres Kindes stattfinden wird, können wir nicht vohersagen, doch dass sie kommen wird, ist unumgänglich. Es ist nur eine von vielen Veränderungen, die Kinder durchleben, die sie verunsichern oder auf die sie sich freuen. Und viele Dinge – auch äußerliche – werden sich auch unerwartet verändern und am Selbstbewusstsein des Menschenkindes rütteln. Wie gut ist es, wenn man dann Freunde hat, die einem Halt geben, ob mit oder ohne Zahnlücke, weil es eben egal ist, wie man aussieht. Der kleine Vampir findet solch gute Freunde.

 

Der kleine Vampir ist stolz auf seine scharfen Fangzähne. Doch eines Tages beginnen sie, zu wackeln, und damit wackelt auch das Selbstbewusstsein des kleinen Vampirs gewaltig.

Kurzrezension

Der gefürchtetste Vampir aller Zeiten möchte er werden, der kleine Vampir. Und er ist auf dem besten Weg dazu, denn mit seinen Fangzähnen jagt er allen Tieren mächtig Angst ein. Doch eines Tages fällt ihm ein Zahn aus. Und dann noch einer.

Völlig verunsichert zieht sich der kleine Vampir zurück, denn all seine Zukunftspläne scheinen zu scheitern. Wie soll er jetzt noch der fürchterlichste Vampir werden? Sein Großvater versucht, ihn zu beruhigen. Es waren doch nur seine Milchzähne, die ausgefallen sind. Er wird neue, viel größere Fangzähne bekommen.

Doch alle Erklärungen nutzen nichts, der kleine Vampir ist sich sicher, dass er seine Höhle nie mehr verlassen wird. Da kommt ein Fußball geflogen und ein fester Tritt gegen den Ball verändert das Leben des kleinen Vampirs im Nu. Er findet ganz neue Freunde, die keine Angst vor ihm haben.

Fröhlich kickt der kleine Vampir mit seinen Freunden, bis – ja, bis die nächste Veränderung eintritt: Seine neuen großen Fangzähne wachsen, ganz so, wie der Großvater es vorausgesagt hat. Wieder zieht sich der kleine Vampir zurück, denn er ist sich sicher, dass seine Freunde ihn nun nicht mehr mögen werden.

Als ein paar Rabauken auftauchen und seinen Freunden den Ball wegnehmen, da überlegt der kleine Vampir nicht lange, sondern kommt ihnen zuhilfe. Und er erkennt: Freunde bleiben Freunde, egal, wie sie aussehen.

Dieses niedliche kleine Bilderbuch über die Wackelzahnpubertät enthält so viele kleine Weisheiten und Erkenntnisse, dass man aufpassen muss, keine davon zu übersehen:

  • Freundschaft hat nichts mit Aussehen zu tun.
  • Veränderungen gehören zum Leben.
  • Akzeptiere dich, wie du bist.
  • Habe Mut, deine Gefühle und Sorgen auszusprechen.
  • Manchmal haben die Alten Recht, wenn sie uns ihre Erfahrungen erzählen.

And last, but really not least:

  • Schonmal was von der Integrationskraft von Fußball gehört? 😉

„Wackeln die Zähne, wackelt die Seele“ – diese weise Erkenntnis wird hier bildlich dargestellt. Der kleine Vampir weiß ganz genau, wer er ist und was er werden will. Aber dann verändert sich alles. Das macht ihm Angst. Aber wenn er diese überwindet, kann er ganz tolle neue Dinge kennenlernen und erleben und neue Freunde finden. Und wenn es richtige Freundschaften sind, dann überstehen sie auch die nächsten Veränderungen. Denn das Leben ist voller Veränderungen.

 

Ein niedliches Bilderbuch, das Mut macht und gerade für Kinder im Wackelzahn- und Schuleintrittsalter noch einmal hervorgeholt werden sollte, bevor der Ernst des Lebens beginnt und Bilderbücher nur noch „was für Babys“ sind. Mit all seinen Weisheiten schafft es der kleine Vampir zu unserem aktuellen Buch der Woche.

 

Altersempfehlung: 4-7 Jahre
Vorlesezeit: 10 Minuten

Daten zum Buch „Der kleine Vampir verliert seine Zähne“

Titel: Der kleine Vampir verliert seine Zähne
Autor: Giuliano Ferri
Verlag: minedition
Jahr/Auflage: 2019

ISBN: 978-3865663948

Der kleine Vampir verliert seine Zähne

KriteriumBewertung (1-10)Begründung
Punkte gesamt10
Titelwahl10
Aufmachung10Hardcover, niedliche Zeichnungen
Text/Sprache10Der Text ist einfach und verständlich und nicht zu lang. Er kann von Leseanfängern gut bewältigt werden
Inhalt10Der kleine Vampir plant, der gefürchtetste Vampir aller Zeiten zu werden. Doch dann verliert er seine Zähne. Er zieht sich zurück, bis ein Fußball in seine Höhle fliegt und ihm neue Freunde beschert. Doch werden diese zu ihm halten, auch wenn er sich wieder verändert?
Pädagogische Themen10Wackelzahnpubertät
Veränderungen
Angst
Mut
Selbstbewusstsein
sich selbst annehmen
Freundschaft
Pädagogischer Wert10Steh zu dir, habe Mut, neue Freunde zu finden, es kommt auf die inneren Werte an, Veränderungen gehören zum Leben - dieses Bilderbüchlein strotzt nur so vor logischen Weisheiten, die es charmant transportiert.
Schlüssigkeit/Logik10
Kreativität10